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45° 34' 15''S, 72° 03' 59,4'' W
Traumstraße, der Sehnsuchtsort vieler Reisender. Dabei wurde sie einst geschaffen, um möglichst schnell chilenische Truppen nach Feuerland zu bringen, denn die chilenischen Diktatoren fürchteten ebenso wie ihre Gegenüber auf der argentinischen Seite stets einen Überfall zwecks Landnahme. Heute ist man offiziell friedlicher gesinnt und an den vielen Pässen der Grenze ist reger Verkehr.
Auf der Carretera sowieso, jedenfalls in den Sommermonaten. Jede Menge Pick-ups, 4x4 Geländewagen, normale Autos, Lastwagen und manchmal auch ein Camper wie wir, der sich über die Schotterstraßen traut, denn nur ein Teil der Straße in den Süden ist gepflastert — jedes Jahr ein größerer — und der Rest ist Ripio, also Schotter in unterschiedlicher Güte. Ganz gut zu fahren, wenn gerade eines der riesigen gelben Monster die Straße geglättet hat oder holprig bis zum Auseinanderbrechen klapprig in ausgefahrenen Kurven.
Wir hüpfen auf unseren Sitzen und mit uns die trampenden Studenten, die wir ein Stück mitnehmen. Iin kleineren und größeren Gruppen stehen sie am Straßenrand, denn der Bus kommt nur einmal am Tag durch. Auch Radfahrer wagen sich an das Auf und Ab der Carretera und Motorräder düsen durch den Staub.
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42° 39' 00'' S, 73° 48' 00'' W
Dieser Post sollte vom Reisen handeln, von Fahrten, die über mehrere Monate gehen, von dem, was sich ändert im Lauf der Zeit. Ich wollte von Gewinnen schreiben, weil viel Zeit zur verfügung steht, von diesem Luxus, und von der stärkeren Auseinandersetzung mit den eigenen Wünschen und Erwartungen, von den anstrengenden Seiten und von den Wundern und dem Wunderbaren. Das alles wollte ich schreiben und da gab es ja auch eine Menge zu berichten, weil wir eine Menge Menschen kennengelernt haben, die wesentlich länger als wir unterwegs sind oder sein werden, Jahre zumeist, und weil wir ein paar Tage auf der Farm von Klaus und Claudia waren, die 16 Jahre auf ihren Motorrädern durch die Welt gefahren sind und nun auf einem wunderschönen Flecken Erde in Argentinien leben. Ich wollte von den Begegnungen erzählen, von den Menschen, die das Reisen für mich so einmalig und wichtig machen.
Ich wollte schwärmen ... Ich wollte schreiben, wie schön es ist, nicht an feste Orte oder Zeiten gebunden zu sein, sich verwunschene Plätze und Märchenausblicke suchen zu können, auch wenn dabei manchmal buchstäblich ein Griff in die Tonne verbunden war. Ich hatte es auch alles schon aufgeschrieben, doch es ist weg, ein Verlust dieser Reise. Denn uns ist genau das passiert, wovor alle immer warnen. Wir wurden ausgeraubt, am helllichten Tag, auf einer viel befahrenen Straße, vor aller Augen und doch unbemerkt.
Wir waren völlig arglos, vielleicht weil wir so viele gute Erfahrungen in Argentinien und Chile gemacht hatten, weil wir so vielen freundlichen und hilfsbereiten Menschen begegnet waren, weil wir darauf eingestellt waren, irgendwann auf diesen Straßen eine Reifenpanne zu haben und froh waren inzwischen ein Reserverad und das nötige Werkzeug an Bord zu haben. Vielleicht auch, weil die Sonne schien, wir so schöne Tage auf Chiloe verbracht hatten, weil wir die Weiterreise planten und ich den baldigen Rückflug zur Beerdigung meiner Mutter.
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42° 53’ 34,74’’ S, 71° 37’ 0,90’’ W
Die zweite Woche meines Soloabenteuers beginnt ziemlich kalt. Auf den Bergspitzen liegt Neuschnee und nachts liegen die Temperaturen um den Gefrierpunkt. Gut, dass der Camper eine Heizung hat. Dennoch freue ich mich auf die zwei Tage in der Hosteria Futalaufquen im Nationalpark de los Alerces. Es war nur noch ein Apartment mit zwei Zimmern fre,i und das erweist sich nun als Glück, denn Clementina, eine italienische Wooferin, die drei Wochen gegen Kost und Logis auf dem Weinberg arbeitet, wird mich begleiten.
Rudolfo fährt uns, denn der einzige Bus in den Park fährt nur aus dem 40 Kilometer entfernten Equel um 8 Uhr morgens, und nach Esquel ist es sogar noch weiter als bis zum Park. Rudolf zeigt uns auch, wo das Feuer ausgebrochen ist, dass vor drei Jahren eine Woche im Park wütete — davon zeugen rechts und links die bleichen oder tiefschwarzen Gerippe der Bäume.
Die Hosteria liegt ganz am Ende des Schotterwegs. 1944 nach einem Entwurf eines argentinischen Architekten entstanden, würde sie auch gut in Schweizer oder österreichische Bergregionen passen. Alles ist noch original, von den dunklen Holzfußböden bis zu den weißen Läden vor den Fenstern.Erst duschen, dann wandern. Vier Kilometer sind es bis zum kleinen Ort im Park, wo wir uns informieren. Es gibt schöne Wanderwege und auch einen Ausflug zu den riesigen, uralten Alercen, die so langsam wachsen, dass die größte nach 2600 Jahren etwa 60 Meter hoch ist und 2,80 Umfang an der Basis. Clementina und ich würden schon gerne, sowohl wandern als auch große Bäume bewundern, nur fehlt uns ein Wagen, um ans andere Ende des Sees zu gelangen. An der Rezeption der Hosteria bietet man uns an, andere Hotelgäste zu fragen, ob sie an der Tour teilnehmen und uns mitnehmen könnten.
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43° 11’ 33,76’’ S, 71° 50’ 14,76’’ W
Und dann ist der Mann plötzlich krank und auf dem Weg nach Berlin und ich bin die nächsten 13 Tage solo in Trevelin, genauer gesagt am Vinas del Nant y Fall. Ein wunderschöner Ort, umgeben von Bergen, auf deren Gipfeln Schnee liegt, ein paar Tage später sogar Neuschnee, was etwas über die Nachttemperaturen aussagt. Abgesehen davon ist es hier freundlich, sehr sicher und fern ab von jeglichen öffentlichen Verkehrsmitteln. Zum Glück gibt es Sergio und seinen Vater Rudolfo, die öfter einmal nach Trevelin oder gar Esquel fahren.
Nur bedauere ich jede Stunde mehr, dass mein rudimentäres Spanisch nicht für mehr Kommunikation ausreicht. Wie gerne würde ich mehr erfahren, als ich sehe oder aus kurzen Fragen und Antworten entnehmen kann. Doch wie immer in Argentinien ergibt sich ungeplant oder halb geplant dann doch das eine oder andere. Sergio organisiert eine cabalgata, einen Reitausflug, bei Manolo, und dort treffe ich ein Brüderpaar, die auf jeden Fall besser Deutsch können als ich Spanisch, denn die Großmutter stammt aus Deutschland und die Mutter ist sogar Deutschlehrerin. So tauschen wir uns auf Deutsch/Spanisch aus, während wir auf schönen braunen, schwarzen und gescheckten Pferden durch eine Märchenlandschaft zu einem verwunschenen See reiten, auf dem weiße Schwäne mit schwarzen Hälsen und Köpfen schwimmen. Zum Picknick sitzen wir auf einer Blumenwiese und am Ende des Tages bei Sergio bei einer Flasche Wein, und die jungen Männer verfolgen fasziniert den Vortrag über Weinanbau.