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57° 45,8’ N, 16° 39,0’ E
Wir sollten uns genügend Zeit für den Rückweg lassen, meint mein Kapitän. Und als hätten die Wettergötter es gehört, bläst es von dem Moment an stets und noch dazu heftig aus Süd bis Südwest. Hafentag reiht sich an Hafentag, Dafür lernen wir die Nachbarn gut kennen — gemeinsam helfen wir anderen Schiffen beim Anlegen, vertäuen auch die eigenen Boote noch einmal sicher vor dem kommenden Starkwind und rücken am Abend den gebunkerten Vorräten zu Leibe.
Wellen und Wind tosen um Idö und wir spinnen Seemannsgarn. Bald sind die Ferien in Schweden zu Ende; es ist richtig Platz in den Häfen. Ein paar dänische Schiffe sind noch unterwegs und viele deutsche, die man auch ohne Nationalflagge am Heck sofort daran erkennen würde, dass beim Anlegen an Bug und Heck Leinen bereit liegen und jede Menge Fender an den Seiten hängen. Andere Nationen sind da offensichtlich entspannter, wohingegen Schweden und Dänen stets Schwimmwesten tragen, was wiederum Deutsche eher nachlässig handhaben.
Beim Anlegen helfen alle. Weil jeder weiß, wie hilfreich es ist, wenn jemand an Land eine Leine entgegennimmt, weil das Schiff dann nicht mehr in Fahrt und damit schlecht zu manövrieren ist, weil sich die Schwierigkeiten mit steigendem Wind um ein Vielfaches verstärken.
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57 °51,6’ N, 16° 44,0 E
Im Wind der Duft nach Wald, nach trockenen Kiefernnadeln. Wir sind mitten Im Tjust Schärengarten zwischen Västervik und Loftahammar. im Sommer fahren die Boote von Insel zu Insel, trifft man sich am Steg, in Ferienhäusern und Gaststuben — Familien, Freunde und Bekannte aus dem Segelverein. Die Kinder springen ins Wasser, alt und jung angelt und am Abend wird gemeinsam gegrillt, allerdings nicht in diesem Jahr, die Brandgefahr ist zu groß.
Heute bleiben wir in Ragö. Die Insel gehört zu einem Naturschutzgebiet und darf von April bis Juli nicht betreten werden. Mit dem eigenen Boot kann man kostenlos an zwei Gaststegen oder einer der Buchten festmachen — aber höchsten 48 Stunden —, dann auf zwei verschiedenen Wegen die Insel erkunden und in dem von einer Familie betriebenen Gasthaus oder im Garten davor Fisch essen oder im kleinen Museum erkunden, wie vor hundert Jahren Fische gefangen wurden.
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57° 33,23’ N, 16° 44,14 E
Die Nacht soll ruhig werden, beste Voraussetzung für ein Ankern in den Schären und nach drei Tagen Aufenthalt im Hafen von Figeholm — einem zugegeben sehr schönen Hafen — mit Warten auf den richtigen Wind, ist ein ruhiger Ankerplatze an einer Schäre genau das Richtige. Noch dazu liegen zwischen Figeholm und Västervik einige wunderschöne Schärenplätze. Das wissen wir aus vergangenen Jahren. Und beliebt sind die Plätze auch. Am frühen Nachmittag sollte man spätestens nach einem Platz für die Nacht suchen.
Es ist immer wieder aufregend durch die engen Schärenfahrwasser zu fahren, und es nimmt mir den Atem, weil wir so nah am Stein vorbeigleiten, weil der Fels in so vielen Farben schimmert, weil die Büsche sich im Wind wiegen. Auf dem einzigen freien Stück Wasser tauchen dunklen Wolken hinter uns auf. Es donnert und der Donner begleitet uns hinein in ein nächstes Fahrwasser. Ein paar Tropfen Regen fallen, dann wird der Himmel wieder strahlend blau.
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57° 22,2’ N, 16° 33,3’ E
„Genau das richtige Wetter für den Gennaker ”, sagt mein Kapitän, als wir unter der Brücke bei Kalmar hindurchfahren. Leichter Wind von schräg hinten. Da kämen wir mit der Normalbesegelung kaum voran. Also wird der Gennaker ausgepackt, ein dünnes, aber großes Segel, das zum Setzen in einem Schlauch verpackt ist. Ist das Segel oben, wird der Schlauch mit einer Hilfsleine hochgezogen und das Segel bläht sich. Es knistert, als hielte man Papiertüten in den Wind. Nun geht es schnell über den Kalmarsund.
„Klappt ja prima”, sage ich. Unter einem makellos blauen Himmel ziehen wir den anderen Schiffen davon. Das schöne Wetter bleibt, so lautet die Vorhersage, die auch eine Hitzewarnung beinhaltet. 30 Grad ist ungewöhnlich für Schweden, beschert uns Wassersportlern fast karibische Verhältnisse. Das ist schön, einerseits, doch die Zeitungen berichten von brennenden Wäldern und Landwirten am Rande des Ruins. In ein paar Tagen sollen die erwarteten Gewitter endlich kommen, noch liegt vor uns nur die tiefblaue See.
Und wie immer, wenn es gerade so gut läuft, schleicht sich Unachtsamkeit ein. Dabei weiß ich genau, dass bei Manövern immer Handschuhe und Schuhe getragen werden sollten, ganz egal wie wenig Wind weht. Aber ich soll ja nur steuern, während mein Kapitän den Gennaker auf die andere Seite zieht.