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Gedanken im Kattegat
57° 33' 0'' N, 11° 55' 24'' E
Sobald sich ein Sonnenstrahl im nordischen Sommer zeigt, findet das Leben draußen statt. Da reichen die Tische der kleinen Bar am Pier in Kullavik kaum aus, da fahren die Boote zu den Schären und Ankerbuchten, da sonnt sich Mensch und Tier auf Felsen, Stegen und Schiffen. Und nach diesem herrlichen Sonnentag, nach einem, zugegeben kurzen, Bad am Steg und einem, sehr viel längeren, Grillabend fahren wir am Morgen hinaus aufs Kattegat zur Insel Läsö, weil der Wind gerade gut steht. Aus der richtigen Richtung und in moderater Stärke für einen längeren Törn.
Das tut er auch, die Richtung stimmt, doch statt das Leichtwindsegel herauszuziehen, binden wir doch lieber ein Reff in Groß und Vorsegel. Recht ruppig ist es auf den ersten fünfzehn Meilen, aber dafür schnell, was auch ein Vorteil ist, denn so werden wir zum Kaffee im Hafen sein und wahrscheinlich auf einen Platz finden. No Problem, laut Auskunft des Hafenmeisters. Und genau auf der Hälfte der dreißig Meilen wird es ruhiger, segeln wir mit vollen Segeln dem Hafen entgegen. Mein Blick kann vom Windmesser in die Weite schweifen — um uns herum nur das Meer, und am Horizont ein paar weiße Segel, winzig klein. Für die Segler dort sind wir auch nur ein kleines weißes Segel auf der weiten See. Winzig in Relation zu Wasser und Wellen, winzig in Relation zu Welt.
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Afrika
14° 40’ 36’’ N,17° 26’ 35’’ W
Das Schiff treibt. Seit dem späten Nachmittag machen wir keine Fahrt mehr. Der Hafen in Dakar ist voll, aufgrund der Sicherheitslage will der Kapitän dort nicht vor Reede liegen und so treiben wir eine Tagesreise von Dakar entfernt auf dem Atlantik. Ab Sonnenuntergang ist das Schiff hell erleuchtet, die Generatoren laufen auf Hochtouren und die Türen an Deck werden fest verschlossen. Erst am Sonntagmorgen steuert der Kapitän das Schiff in den Hafen. Wie klein die Menschen sind, die am Kai stehen und mit Hilfsleinen die dicken Trossen des Frachters auf die Pöller ziehen. Knapp eine halbe Stunde dauert es, ehe wir fest liegen und dann beginnt das Warten: Wann können wir an Land? Und wie lange? Der Vormittag vergeht. Es wird einklariert, der Zoll kommt an Bord. Nach dem Mittagessen warteten wir weiter auf Informationen.
Irgendwann heißt es, wir sollen um 18 Uhr wieder an Bord sein. Aber noch fehlen die Papiere und der zuständige Offizier muss auch erst einmal essen. Endlich kann unser Grüppchen zur Rampe, doch nun fehlen Helme und Sicherheitswesten, ohne die man das Hafengelände nicht betreten darf. Wir warten an der Laderampe. Die Züge, die in Le Havre aufgenommen worden, werden ausgeladen, andere Güter kommen an Bord. Die Lademannschaft bekommt ihr Mittagessen. Es ist heiß. Und dann bekommen wir Helme und Westen, werden von Bord und auf markierten Wegen zur Sicherheitsschleuse geleitet, passieren ein automatisiertes Drehtor und werden an der Baracke aufgehalten. Wir haben zwar unsere Papiere, doch eine Liste fehlt, ohne die wir nie wieder das Gelände betreten können, wird uns mit vielen Worten versichert. Also verschwindet unser Begleiter zum Schiff, um die Liste zu holen.
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Segelsommer 7 — Nachsaison
55° 33,5’ N,14° 21,5’ E
„Willkommen in Bergkvara”, sagt der nette Hamnkaptain, als er mir die Festmacherleine zurückgibt. Warum sind wir bloß all die Jahre an diesem netten kleinen Hafen vorbeigefahren? Meist versuchen wir möglichst schnell durch den Kalmarsund zu kommen, aber heute waren zwanzig Meilen bei viel Wind genug, und so landen wir in einem der ältesten Häfen an der Küste von Blekinge. Statt Fischerbooten legen nun Freiheitskipper an der Halbinsel Dalskär an. Gasthafen und Campingplatz sind ein Familienbetrieb, beim Bezahlen bekommen wir ein Faltblatt, auf dem neben Informationen auch die Fotos von allen, die hier an der Kasse oder im Restaurant arbeiten, abgedruckt sind. Für die wenigen Schiffe und die nur etwas größere Gruppe Camper reicht im Augenblick eine kleine Besatzung.
„Seit gestern haben wir Nachsaisonpreise”, sagt der junge Mann, der kassiert und uns Fahrräder ausleiht. Von Bergkvara gibt es vier verschiedene, gut ausgeschilderte Fahrrad- und Wandertouren. Wir fahren an Feldern vorbei, an kleinen Dörfern, an Feriensiedlungen zum Naturschutzgebiet Örarevet — im Sommer ein beliebtes Ausflugsziel zum Picknicken und Baden — heute sind wir allein am leeren Strand.
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Segelsommer 5 — Skärgardsliv
57 °51,6’ N, 16° 44,0 E
Im Wind der Duft nach Wald, nach trockenen Kiefernnadeln. Wir sind mitten Im Tjust Schärengarten zwischen Västervik und Loftahammar. im Sommer fahren die Boote von Insel zu Insel, trifft man sich am Steg, in Ferienhäusern und Gaststuben — Familien, Freunde und Bekannte aus dem Segelverein. Die Kinder springen ins Wasser, alt und jung angelt und am Abend wird gemeinsam gegrillt, allerdings nicht in diesem Jahr, die Brandgefahr ist zu groß.
Heute bleiben wir in Ragö. Die Insel gehört zu einem Naturschutzgebiet und darf von April bis Juli nicht betreten werden. Mit dem eigenen Boot kann man kostenlos an zwei Gaststegen oder einer der Buchten festmachen — aber höchsten 48 Stunden —, dann auf zwei verschiedenen Wegen die Insel erkunden und in dem von einer Familie betriebenen Gasthaus oder im Garten davor Fisch essen oder im kleinen Museum erkunden, wie vor hundert Jahren Fische gefangen wurden.
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Sydkusten in Sonne und Regen
55° 33' 34'' N, 14° 21' 19'' E
Saftig grün ist die flache Küste Südschwedens, dunkle Wolken werfen Schatten, noch aber scheint die Sonne und bläst der richtige Wind die Wolken fort und uns ans Ziel. Einer der schönen Segeltage — eins mit Wellen, Wind und Wasser. Dunkelblau bis zum Horizont.
Den Hafen in Ystad kennen wir nur rappelvoll mit Dreierpäckchen an der Kaimauer. In der Vorsaison klaffen viele Lücken an den nagelneuen Stegen, und mit Hilfe eines belgischen Seglers klappt das Anlegen mühelos. Ebenso mühelos kommt ein Gespräch zustande über die Vorteile von dänischen Werftbauten (sein Schiff) gegenüber belgischen Booten (unsere Volver). Im Hafenamt erwartet uns kein Automat wie in vielen dänischen Häfen, sondern eine Hafenmeisterin wie meistens in Schweden, und auf der Terrasse des Hafenlokals mit Blick auf den Strand ist unser Glück in der Sonne vollkommen.