Unser Wetterglück konnte ja nicht ewig anhalten, und so begleitet uns ein dichter grauer Himmel drei Tage lang auf der Überfahrt von Puerto Natales zurück nach Puerto Montt. Im Nieselregen fahren wir spätabends auf die Fähre, die im Morgennebel ablegt. Es ist eine der letzten Fahrten dieses Schiffs, das in der nächsten Saison durch eine Neueres, Schöneres ersetzt wird. Was auch wirklich notwendig ist, denn nicht nur unsere Kabine ist ähnlich trostlos wie das Wetter und noch dazu ziemlich heruntergekommen.
Aus irgendeinem Grund gibt es auch auf dem ganzen Deck kein heißes Wasser, was angesichts der kühlen Außentemperaturen und des nicht eben geringen Fahrpreises doch dazu führt, dass der Mann des öfteren an der Rezeption vorstellig wird. Die sehr freundlichen Mitarbeiter wollen sich darum kümmern, der Kapitän wird verständigt, der Schiffsingenieur ebenfalls, doch das Wasser bleibt kalt. Leider, sagt der nette junge Mann, das ungewöhnlich kalte Wetter, die alte Anlage, es täte ihm leid. Im Deck darunter sei alles in Ordnung. Wir würden auch umziehen, sagen wir sofort, und nach kurzer Zeit haben wir eine neue Kabine, die besser in Schuss ist (eine Kategorie besser) und über eine heiße Dusche verfügt, die wir auf der weiteren Fahrt ausgiebig nutzen.
Draußen ist es weiterhin grau in dunkelgrau, aus dem Dunst tauchen bewaldete Inseln auf, ab und zu ein Robbenkopf und am dritten Tag sogar Walfontänen und -flossen in der Ferne. Drinnen gibt es drei Mal am Tag Essen (gute Kantine), Vorträge und am Abend wird die Lounge, auf deren Sofas die meisten Gäste die Überfahrt lesend oder Fotos sortierend verbringen, zum Kinosaal oder zur Bingohalle. Im Kino laufen nicht die üblichen Komödien oder Krimis, sondern Spielfilme zum geschichtlichen Hintergrund Chiles, über einen beinahe Krieg zwischen Argentinien und Chile wegen dreier Inseln und über eine Freundschaft zwischen zwei Jungen aus unterschiedlichen Bevölkerungsschichten wenige Wochen vor und kurz nach dem Putsch 1973. Ungewöhnlich für eine solche Reise, aber interessant.
Doch wir steigen erleichtert in Puerto Montt von Bord, nicht nur wegen der Wärme an Land und des kleinen Streifens Blau am lichtgrauen Himmel, sondern auch weil wir nun wieder unserem eigenen Rhythmus folgen können, der uns zu einem erneuten Schlenker nach Chiloe führt, denn wir wollen die nette Einladung von Carlos annehmen, der uns nach dem Diebstahl so sehr mit Polizei und Behörden geholfen hatte. Carlos ist selbst erst nach einer langen Auslandsprofessur nach Chile zurückgekehrt.
So lassen wir uns also wieder von der Fähre nach Chiloe übersetzen und fahren nach Dalcahue, wo uns Carlos abholt, denn der Weg zu seinem Haus auf einer Anhöhe ist nicht leicht zu finden. Dort erwartet uns ein köstliches Mahl aus lauter chilotischen Spezialitäten (Lachs,Knoblauchpaste, Empanadas mit Apfelkompott, Baiser mit Himbeersahne und vieles mehr, alles natürlich selbstgemacht von Carlos und seiner Frau), reden wir lange und viel,lernen freundliche Nachbarn kennen und werden überhaupt so wunderbar gastfreundlich betüddelt, dass wir am Abend rund und dankbar in unsere Betten sinken im Wohnmobil auf der Anhöhe mit Blick auf die Bucht. Beim nächsten Mal sollen wir länger bleiben und im Gästehäuschen schlafen.
Mit zwei Gedichtbänden von Carlos beschenkt machen wir noch einen Abstecher zu unserer Lieblingsbucht auf der anderen Seite, und die Insel schenkt uns noch einen Tag in der Sonne, dann geht es endgültig gen Norden.