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32° 49' 45'' S, 70° 04' 45'' W
„Wir sollten schnellsten nach Uruguay“, sagt mein findiger Fahrer am Morgen. Nach zwei Tagen an einem einsamen Pazifikstrand hat uns die Nachricht von Grenzschließungen erreicht. Vier Wochen lang keine Flüge aus und nach Europa mehr von Buenos Aires. Nun liegt unser Rückflug zwar nach der Sperre, aber wer weiß. Sicherer ist es abzubrechen, das Wohnmobil sicher unterzustellen, nämlich in Uruguay, wo es 12 Monate bleiben kann, und eventuell einen früheren Rückflug zu buchen. Eine kurze Nachfrage im Netz zeigt, dass viele sich auf den Weg machen. Große Sorgen machen wir uns noch nicht, schließlich sind wir seit Monaten in Südamerika, weit vor einem Corona-Ausbruch in Deutschland, das können wir mit den Eintragungen im Pass nachweisen. „So schnell geht das alles nicht”, denken wir, fahren los, doch noch im Reisemodus, kehren mittags in einem guten Restaurant ein, wo uns der Besitzer seinem Vater vorstellt, der auch ein begeisterter Reisemobilist ist. Wir kommen ins Reden, ins Zeigen. So wird es eine lange Pause, und wir übernachten noch einmal in Chile.
Am nächsten Morgen erfahren wir, dass Chile in zwei Tagen alle Grenzen schließt. Also höchste Zeit! Durch einen unnötigen Umweg in Santiago (Verirren auf den Autobahnen) und ein nötigen in Los Andes (Tanken) ist es schon Abend, als wir uns auf die Passstraße begeben, inmitten von LKW-Kolonnen. Kurz überlegt der findige Fahrer den Grenzübertritt auf morgen zu verschieben, entscheidet sich dann aber doch für die 28 Serpentinen und den Tunnel auf 3500 Metern.
Es klappt auch alles ganz gut, das Auto hält durch, die Ausblicke sind tief und faszinierend, ein riesengroßes beleuchtetes Schild verabschiedet uns aus Chile.
Der Mann im Häuschen nach dem Tunnel notiert unser Kennzeichen und die Personenzahl. „Aduana a 17 kilometros”. Wir fahren zwischen hoch aufragenden, gezackten Felsformationen, die langsam in der Dämmerung verschwimmen, fahren durch das Grenzgebiet mit vielen Aussichtspunkten und Wanderwegen, die wir auf einen späteren Besuch verschieben. Dann kommt die Grenzstation, hier werden Busse abgefertigt und wo dann andere Fahrzeuge? Es ist stockdunkel, wir sind schon weit über den 17 Kilometern. Der findige Fahrer dreht um, auch in dieser Richtung finden wir nichts. Wieder kehrt, und da oben sehen wir ein Licht, fahren darauf zu, doch an allen drei Grenzhäuschen leuchtet es rot. Wir drehen Kreise, fahren auf einem anderen Weg hinein und sehen endlich Menschen.
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39° 33' 24.548" S 71° 26' 9.067" W
Das Seengebiet in der Mitte Chiles und Argentiniens lässt uns nicht los, zu schön, wenn auch kalt, ist das morgendliche Bad, zu gewaltig das Panorama der Vulkanlandschaft um das tiefblaue Wasser. Und zum Lago Tromen im Nationalpark Lanin wollten wir auf jeden Fall noch einmal auch. Also planen wir eine Runde: Vom Villarica über den Calafquen, über den Pirehueico, an zwei weiteren Seen entlang nach San Martin de los Andes und dann wieder nach Norden zum Lago Tromen und von da zurück nach Chile am Villarica vorbei Richtung Santiago.
Es ist das letzte Ferienwochenende mit wunderbarem Wetter, das jung und alt genießen will, jung gerne bis zum frühen Morgen. Für die zweite Nacht finden wir einen Familien-Campingplatz der Mapuche am schönen Lago Neltume, am Abend verkaufen Frauen dort heiße Empanadas. Die Mapuche sind der einzige indigene Stamm, der nicht besiegt wurde, das meiste Land haben sie dennoch verloren, einiges wieder erhalten oder erworben, um mehr kämpfen sie. In der Mitte des Landes gibt es eine ganze Reihe von Campingplätzen, Restaurants und jede Menge Läden der Mapuche, die Kunstgewerbe verkaufen, aus Wolle, Holz und Ton. In jeder Stadt gibt es Märkte, Ferias mit vielen Ständen, an einem entdecke ich auch echte Schafwolle (in den Läden bekommt man sie kaum). Der Strang wird abgewogen und aufs Gramm genau verkauft.
Für uns geht es weiter mit der Fähre über den Lago Pirehueico. Von Chile aus die einzige Möglichkeit über den Pass Hua Hum zu gelangen. Die meisten machen diese Fahrt allerdings nur als eineinhalbstündigen Ausflug zum anderen Ende des Sees, wandern dort oder picknicken am Strand und fahren mit der nächsten Fähre zurück über den langgestreckten See umgeben von dichtbewaldeten Hängen, die wahrscheinlich noch nie ein Mensch betreten hat. Wir fahren weiter über die staubige Schotterstraße (sehr schlecht) zur Grenze, die wir inzwischen recht professionell bewältigen, sogar auf Spanisch, und sind ein paar Kilometer weiter in Argentinien, noch immer auf Schotter (noch immer ziemlich schlecht). Aber wunderbare Seen gibt es, klar und kalt. Den Campingplatz zwischen zwei Seen leiten zwei junge Männer und wir bleiben zwei Tage dort fast allein.
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39° 16' 30.36" S 72° 13' 42.593" W
Die Sache mit den Vulkanen ist noch lange nicht zu Ende, schon steuern wir den nächsten an, fahren an der Nordseite des Conguillo-Nationalparks entlang und genießen die Freuden eines touristisch erschlossenen Gebietes in Form von köstlichen Ravioli aus dem Mehl der Araukarien-Nüsse (kräftiger als Weizen, feiner als Buchweizen), das Land der Vulkane ist auch das Land der Araukarie, dieser Dinosaurier-Baums mit nadeln wie Kakteen und einer Art Pinienkernen in der Größe von Paranüssen. Ein paar Kilometer später landen wir auf einem Platz entre dos vulcanos mit den bislang saubersten Waschräumen und der heißesten Dusche unserer Reise. Dazu gibt es Informationen über die vielen Wanderungen, von leicht bis schwer, von kurz bis lang, und bange Kommentare, wie es wohl im März mit den Demonstrationen weitergeht, denn es wird weitergehen, sagen die jungen Leute, und Polizei und Militär rüsten auf.
Wir wandern als erstes durch einen Märchenwald, ganz allein, abgesehen von ein paar Schafen, buchstäblich über Stock und Stein, über Stein und Stein und Zaun. Am nächsten Tag geht es zum Krater Navidad. „Eine ganz leichte Wanderung”, hat der junge Mann vom Campingplatz erklärt. Und bis zum Einstieg könnten wir problemlos mit dem Wagen fahren, Ripio, aber guter Schotter, einfach zu fahren. Leicht und einfach, genau das Richtige für uns. Beeindruckend ist die Fahrt dorthin auf jeden Fall, wir lassen die Bäume hinter uns und schauen in Abgründe. Dabei verpassen wir beinahe den sehr dezent ausgeschilderten Pfadbeginn, doch es stehen schon ein paar Wagen am Rand der an dieser Stelle etwas breiteren Straße, und da entdecken wir das Schild und schließlich auf die Gestalten, die über die schwarze Ebene wandern.
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37° 22' 11.215" S 71° 21' 7.492" W
Chile brennt, überall steigt dunkler Rauch, wir fahren an schwarz und weiß gefärbten Baumgerippen vorbei, an manchen sprosst schon junges Grün. Es ist heiß und trocken in der Mitte von Chile und große Wälder fangen Feuer wie jeden Sommer. Wir sehen den Rauch und hören die Sirenen, plötzlich auch ganz nah, als uns die Feuerwehrüberholt. Nach einer langen Kurve führt die Straße auch nicht mehr weg vom Rauch, sondern darauf zu; dann sehen wir die vielen Wagen am Straßenrand, die Menschen, die zuschauen, wie das Feuer hundert Meter weiter die Bäume frisst. Dort hat die Feuerwehr ihre Leute abgesetzt und dorthin fliegen auch die Hubschrauber mit dem Wasser aus der nahen Lagune. Sechs sind es, die in kurzen Abständen prall gefüllte Wasserbeutel über den Brandrändern entleeren. Gar nicht so einfach bei dem starken Wind. Grell lodernd geht ein hoher Baum in Flammen auf, bevor ihn die Wasserdusche streift, doch das Feuer wird in Schach gehalten.
Am Abend davor haben wir an einem Weinberg übernachtet und sehr köstlich in dem Restaurant gegessen, das ein junges Paar aus Südtirol dort betreibt. Die Spezialität sind selbst gemachte Nudeln, ein ungefilterter naturbelassener Weißwein und ein Weißwein aus der roten Carmenere-Traube (die nur in Chile und wohl auf einem einzigen Weinberg in Frankreich wächst), quasi ein Rosé, herb, recht ungewöhnlich in Chile. Nun sind wir auf dem Weg zur Laguna del Laja, an dessen Ufern man laut unserer App wunderbar einsam stehen kann.