Positionsmeldung

Nora

Willkommen

Positionsmeldung erzählt von Reisen. Manche führen aufs Meer, manche nur ein paar Schritte vor die Haustür, manche ereignen sich auf Papier, auf Bühne und Leinwand oder virtuell.

Ich freue mich über Begleitung.

 

57° 40,6' N, 11° 51,0' E

  • geo: 57° 40,6' N, 11° 51,0' E

 

IMG 2707Nach vier Wochen sonnensattem Badewetter verdüstert sich der nordische Himmel, zunächst nur kurz, um dann umso heller in leuchtendem Blau zu strahlen, doch dann kündigt der Wetterbericht Starkwind im Kattegat an. Zuerst ist da die Hoffnung: Noch ist Zeit für Veränderung, in einer Woche kann viel passieren, wie oft hat sich nicht schon alles geändert. So warten wir auf den richtigen Wind in Varberg, einer schwedischen Kleinstadt mit alter Festung, einem Kaltbadhus auf Stelzen im Meer, vielen langen Stränden mit Steinklippen, auf denen die Menschen vor und nach dem Baden in der Sonne sitzen, und einer Bar hoch über der Stadt. 

Auch hier war das erste halbe Jahr viel zu trocken, Regen wäre willkommen, wenn er nicht gerade mit dem offiziellen Sommerbeginn zusammenfallen würde. Wir genießen das Baden von den langen Seebrücken, wer weiß wie lange noch, und die hübschen neuen Sanitäranlagen, da freuen sich die Seglerinnenherzen.

Doch der Wetterbericht stabilisiert sich wider Erwarten auf den schlechten Vorhersagen, viele Schiffe ziehen nach Süden, doch wir nutzen die nächste Gelegenheit, um nach Norden zu segeln. In Göteborgs Königlichen Segelsällskap wollen wir Wind und Regen abwettern. Ein schöner Südwind bringt uns dorthin, Stunde um Stunde, mit Wellen und glatter See, mit Nebel und Sonne und Wolken, die ganze Seglerwelt an einem Tag.

IMG 2722Trotz der über 500 Liegeplätze im Hafen ist es gar nicht so einfach, einen freien Platz zu finden, so nah an Göteborg. Wir haben Glück, wie sehr, das zeigt sich ein paar Tage später, als der Wetterbericht den Starkwind zu Sturm korrigiert und viele Schiffe Unterschlupft suchen.  Das Kreisen im Hafen kennen wir noch vom letzten Jahr, doch der freundliche junge Hafenmeister bringt alle unter. Gerade noch rechtzeitig. 

Mein Kapitän legt Zusatzleinen, bindet das Vorsegel fest. Mit den ersten Tropfen stellen wir die Kuchenbude auf und dann geht es los. Es schüttet, schon der Weg zu den Toiletten spart die Dusche. Am Abend kommt der Wind. Er pfeift in den Wanten, die Fallen schlagen, die Wanten sirren, der Wind heult, das Schiff bebt und zittert, Regen schawuscht auf das Deck, der Wind brüllt. Wie klein wir doch sind vor solcher Gewalt. Um vier Uhr nachts kontrolliert mein Kapitän die Leinen, wach sind wir beide. Bei einem Nachbarboot rollt sich ein Segel auf und zerreißt, ehe Hilfe kommt. Es tobt weiter bis in den Morgen, und auch am Mittag hat sich der Wind noch nicht beruhigt.

Aus den Hafentagen werden Bootstage. Andere buchen Achtsamkeitsseminare, wir lassen uns einwehen, zurückgeworfen auf 15 Quadratmeter im Schiff. Alles Denken und Fühlen ist von diesem Heulen und Pfeifen besetzt – und dann reißt doch die Wolkendecke auf und die Sonne glitzert auf den Wellen und die Welt ist neu.

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