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55° 18.88' N, 14° 69,94' E
Will man von Rügen aus mit dem Segelschiff nach Schweden, kann man die Südküste ansteuern, so der richtige Wind herrscht — stark genug, um mindestens 6 Knoten zu fahren (der Weg ist weit) und wenn möglich aus südlicher oder westlicher Richtung.
Nach fünf Tagen in Sassnitz wollen wir nicht länger warten. Nordwest auf West drehend, 4-5 Windstärken, See 1 Meter sagt der Wetterbericht um sechs Uhr morgens. Das könnte klappen. Um sieben stechen wir in See, zunächst Richtung Bornholm. Wenn der Wind nach West dreht, laufen wir Schweden an.
Die ersten drei Stunden sind Segelvergnügen, 7,5 Knoten auf der Logge (7,5 Meilen in der Stunde), wir gleiten über die blaugraue See mit kleinen Schaumkrönchen. Solche Stunden sind ein Grund, weshalb es uns jedes Jahr aufs Meer zieht. Die Kreideküste bleibt hinter uns zurück, nur da und dort noch ein anderes Segel, das sich immer weiter entfernt.
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54°19’ 06’’N, 13°05’51’’E
Leinen los für sieben Wochen Segeln auf der Ostsee, Ankern in den Schären, Stille auf dem Schiff. Der Proviant ist verstaut, die Weinflaschen lagern bruchsicher unter Zeitungspapier in verschiedenen Schapps. Wasser- und Dieseltank sind gefüllt, eine zweite Gasflasche ist an Bord, Tauchzeug, Werkzeug, das wir hoffentlich nie brauchen werden, und mehrere Meter Bücher, für die wir nun viel Zeit haben. Wir verlassen den Heimathafen, der Wind steht gut.
„Irgendwas stimmt nicht mit dem Motor”, sagt mein Kapitän, als wir die letzte Tonne hinter uns lassen und in den Strelasund steuern. Ein Satz, der die Freude doch etwas dämpft; Irgendwas kann alles Mögliche bedeuten, in der Regel einen längeren Aufenthalt zur Fehlersuche und Reparatur. Damit haben wir Erfahrung. Doch dieses Mal wird der Fehler schnell gefunden und gerichtet. Wäre ja auch jammerschade bei dem schönen Wind wieder zurück zu fahren. Schon sind wir im Greifswalder Bodden und segeln Richtung offenes Meer. Es läuft gut mit dem neuen Vorsegel (das zweite innerhalb von zwei Jahren, und das ist wieder eine andere Geschichte).
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von 58° 59’ 51’’ N, 22° 45’ 14’’ E nach 59° 19’ 55’’ N, 18° 5’ 17’’ E
Hiiumaa ist die zweitgrößte Insel Estlands und liegt für uns zwischen zwei Fähren. Eine Stunde dauert die Überfahrt von Saaremaa und sogar noch etwas länger ist die Fahrt wieder zurück zum Festland. In der Zeit zwischen den Fahrten lernen wir die Insel kennen. Hier ist es weniger wild, wenn man von der stechenden Fauna einmal absieht. Kaum hat der furchtlose Mann den Wagen auf der Wiese am Strand geparkt, stürzt sich eine dunkle Wolke auf das weiße Gefährt, was den Charme des weitläufigen und hübsch angelegten Campingplatzes doch sehr mindert. Aber es gibt ja Häfen.
Dorthin treibt uns auch die Sehnsucht. In Kärdla stehen wir in der neuen Marina. Das Hafenrestaurant betreibt eine junge Crew, die Gastronomie Estlands scheint in den Händen junger Leute zu liegen, die innovativ und köstlich kochen.
Auf dem Festland wird gefeiert, im August begeht Haapsalu das Fest der weißen Dame; an den Ständen gibt es süßes und Eingelegtes, Getöpfertes und Gedrehtes, und fein gestrickte Spitzen in Pastellfarben. Vor der Burg spielt Musik und es wird getanzt, sogar mit einer Kurzeinführung in Boogie, auf estnisch, und dann legen alle los. Wir müssen leider schon weiter, nach Tallinn zur Fähre nach Stockholm.
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58° 29’ 58’’ N, 21° 54’ 53’’ E
Das Ziel unserer baltischen Reise rückt näher. Auf einem netten Campingplatz zu übernachten ist schön, nah an einem See oder dem Meer ist es noch schöner, aber am schönsten ist es ganz allein mitten in der Natur — „wild” auf Saaremaa, der größten Insel Estlands.
Natürlich gibt es dort inzwischen auch Hotelanlagen mit Spa-Bereichen, gute Restaurants (wir essen im Kurhaus, das auch wirklich so heißt) und Geschäfte, in denen man vor allem auf Saaremaa hergestellte Waren erwerben kann, Bio-Seifen und -Cremes, Wollkleidung, Bier — ja, die Insel hat auch eine kleine Brauerei — und alles, was an Konfitüren und Gelees, Saucen und Senf, sowie anderen Köstlichkeiten herzustellen ist. Das ist der Süden der Insel mit der Hauptstadt Kuressaare an der Rigaer Bucht.
Der Norden ist wild geblieben. Vogelschutzgebiete und Kliffs säumen die Küste am offenen Meer. Der Wald weicht zurück, die Straße wird zur Sandpiste und am Rand tauchen die kleinen Holzpfeile des RNK auf, mit denen Stellen bezeichnet werden, wo man picknicken und auch übernachten kann. Es gibt Bänke und Tische, meist sogar überdacht, einen Holzofen und Holz, Mülleimer und Trockenklo. und vor allem gibt es Platz. Der furchtlose Mann fährt in den kleinen Weg, über Wurzeln hinweg und unter Kiefernästen hindurch, bis wir auf Kieseln direkt am Wasser in einer der vielen Buchten stehen. Idyllisch bis zum nächsten Mittag, denn mit der warmen Sonne kommt auch allerlei stechendes Getier.