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34° 13,3’ N, 8° 2,0 W
„Come in!” Der freundliche Kapitän winkt uns herein auf die Brücke, in der gut geschützt gesteuert wird, sowie das Meer draußen und die vielen Anzeigen drinnen überwacht werden. Während der Fahrt sind sie zu zweit auf der Brücke, beim Anlaufen eines Hafens wesentlich mehr, doch dann haben wir Passagiere dort sowieso nichts zu suchen. Aber jetzt ist es ruhig und wir suchen gerne Schutz vor Wind und Regen hinter den großen Scheiben, über die meterlange Scheibenwischer fahren. Die Brücke misst etwa zehn mal fünf Meter und ist beinahe auf der ganzen Breite mit Stahlkästen bestückt, auf denen die Instrumente ruhen. Kurz waren wir schon einmal zur Sicherheitseinweisung hier, aber nun ist es natürlich viel interessanter. Der Mann schaut sich alles genau an, die Instrumente haben andere Dimensionen und sind auch viel genauer als auf unserem Segelboot.
Wir erfahren auch, dass wir nach Le Havre noch einmal im spanischen Vigo und in Dakar Halt machen. Auf einem Linienfrachter werden nur die Häfen angelaufen, wo Fracht aufgenommen oder abgeladen wird. Das kann sich offensichtlich sehr kurzfristig ergeben, Zeiten und Häfen ändern sich von Tag zu Tag. Der Kapitän wird die Strecke zwischen Europa und Südamerika noch bis Mai befahren. Zirka zwei Monate dauert eine Runde.
Der Frachter taucht in die Wellen und hebt sich mit ihnen, Wind treibt uns über das Deck. Am Horizont zeigt sich ein Fitzelchen Blau. Wir haben Glück mit dem Wetter; das finden alle. Die See ist moderat bewegt, nur ab und zu ein Schauer, kein Dauerregen und bisher sogar mehr Sonne als grauer Himmel.
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53° 31.58’ N, 10° 0.65’ E
Wir sind zu spät. Um 10 Uhr sollten wir am Kai sein, aber es ist schon halb elf. Dabei war alles so gut geplant, musste es ja auch für die lange Reise auf dem Frachter nach Südamerika. Alles ist gepackt und gut verstaut im Wohnmobil, aber dann hängt es an den Gasflaschen. Die sind noch voll, zu voll, und es dauert ewig, sie zu entleeren, unter den ungläubigen Blicken der anderen Camper im Hamburger Wohnmobilhafen, die ja nicht wissen können, dass wir unser Wohnmobil heute verladen wollen, wozu die Gasflaschen leer sein müssen.
Wir sind also zu spät und stehen dazu noch im Stau und hoffen, dass das Navi schon den Weg findet zum O’swaldkai durch die neue Hamburger Hafencity. Mit rasendem Puls biegen wir endlich ein auf den großen Parkplatz, suchen hektisch nach dem Schuppen 48, folgen einem Schild und werden von einer Schranke aufgehalten. Sofort senkt sich auch hinter uns eine Schranke. Wir sind gefangen. Zur Belustigung der Belegschaft. Immer diese Touristen. Wir müssen wieder raus, uns anmelden, warten, doch dann geht alles seinen ordentlichen Gang: Gemeinsam mit einem anderen deutschen Paar in einem Wohnmobil folgen wir um kurz nach elf einem Fahrzeug zur Grande Nigeria, auf der wir die nächsten vier Wochen verbringen werden. Eine steile Rampe führt ins Innere des riesigen Schiffs, und dann geht es ans Einparken. Zentimeterarbeit, bis das Fahrzeug genau an der richtigen Stelle zwischen den Verzurrösen steht. Weder die Gasflaschen noch der Tank noch überhaupt irgendetwas am Camper ist kontrolliert worden.
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55° 33,5’ N,14° 21,5’ E
„Willkommen in Bergkvara”, sagt der nette Hamnkaptain, als er mir die Festmacherleine zurückgibt. Warum sind wir bloß all die Jahre an diesem netten kleinen Hafen vorbeigefahren? Meist versuchen wir möglichst schnell durch den Kalmarsund zu kommen, aber heute waren zwanzig Meilen bei viel Wind genug, und so landen wir in einem der ältesten Häfen an der Küste von Blekinge. Statt Fischerbooten legen nun Freiheitskipper an der Halbinsel Dalskär an. Gasthafen und Campingplatz sind ein Familienbetrieb, beim Bezahlen bekommen wir ein Faltblatt, auf dem neben Informationen auch die Fotos von allen, die hier an der Kasse oder im Restaurant arbeiten, abgedruckt sind. Für die wenigen Schiffe und die nur etwas größere Gruppe Camper reicht im Augenblick eine kleine Besatzung.
„Seit gestern haben wir Nachsaisonpreise”, sagt der junge Mann, der kassiert und uns Fahrräder ausleiht. Von Bergkvara gibt es vier verschiedene, gut ausgeschilderte Fahrrad- und Wandertouren. Wir fahren an Feldern vorbei, an kleinen Dörfern, an Feriensiedlungen zum Naturschutzgebiet Örarevet — im Sommer ein beliebtes Ausflugsziel zum Picknicken und Baden — heute sind wir allein am leeren Strand.
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57° 45,8’ N, 16° 39,0’ E
Wir sollten uns genügend Zeit für den Rückweg lassen, meint mein Kapitän. Und als hätten die Wettergötter es gehört, bläst es von dem Moment an stets und noch dazu heftig aus Süd bis Südwest. Hafentag reiht sich an Hafentag, Dafür lernen wir die Nachbarn gut kennen — gemeinsam helfen wir anderen Schiffen beim Anlegen, vertäuen auch die eigenen Boote noch einmal sicher vor dem kommenden Starkwind und rücken am Abend den gebunkerten Vorräten zu Leibe.
Wellen und Wind tosen um Idö und wir spinnen Seemannsgarn. Bald sind die Ferien in Schweden zu Ende; es ist richtig Platz in den Häfen. Ein paar dänische Schiffe sind noch unterwegs und viele deutsche, die man auch ohne Nationalflagge am Heck sofort daran erkennen würde, dass beim Anlegen an Bug und Heck Leinen bereit liegen und jede Menge Fender an den Seiten hängen. Andere Nationen sind da offensichtlich entspannter, wohingegen Schweden und Dänen stets Schwimmwesten tragen, was wiederum Deutsche eher nachlässig handhaben.
Beim Anlegen helfen alle. Weil jeder weiß, wie hilfreich es ist, wenn jemand an Land eine Leine entgegennimmt, weil das Schiff dann nicht mehr in Fahrt und damit schlecht zu manövrieren ist, weil sich die Schwierigkeiten mit steigendem Wind um ein Vielfaches verstärken.