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42° 23' 43'' S, 173° 40' 45'' E
Türkis, silberblau, smaragdgrün, indigo — das Meer hat viele Farben, ist wild und kühl an der Ostseite der Südinsel. Am anderen Ende der Welt ist alles umgekehrt, je weiter man nach Süden kommt, desto kühler wird es, auf der Südinsel herrscht eher skandinavisches Sommerwetter, also für mich kaum eine Chance auf ein Bad im Meer. Der Westwind bringt Regenwolken, der Südwind eisige Polarluft.
Rein in Wollpullover und Windjacke, raus aus Windjacke und Wollpullover, und immer schön eincremen von wegen Ozonloch, und immer die Mütze auf. Ein Land für Outdoor-Bekleidung, für das Zwiebelprinzip. Ein Meer für Robben und Wale.
Die ersten Siedler aus Polynesien folgten den Walen und entdeckten ein noch unbewohntes Land im Meer. Etwa fünfhundert Jahre später entdeckten die ersten weißen Siedler die Walschulen in den Buchten und freuten sich über den leichten Fang. Ende des 20. Jahrhunderts entdeckte die Tourismusbranche Whalewatching als Einnahmequelle, und so fahren und fliegen heute Maori in Kaikoura Touristen zur Bilderjagd. Bekannt ist Kaikoura auch für Crayfish — Langusten — , die man überall bekommt, allerdings mit dem Hinweis, man solle sich den Verzehr genau überlegen, denn ein Tier brauche fünf bis acht Jahre, um heranzuwachsen. Wir teilen uns zu zweit ein halbe Languste.
Abends finden wir in der Goose Bay einen Stellplatz direkt am Meer. Vier kleine, staatliche Campingplätze gibt es in der Bucht, drei liegen am Meer — bei dem Ausblick, bei Robben, die sich nur wenige Meter entfernt sonnen, nehmen wir die nahe Straße gerne in Kauf und lauschen dem Wellenrauschen.
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42° 30' 27'' S, 173° 9' 15'' E
Wo fährt man hin, wenn es in alle Richtungen jede Menge Natur zu sehen gibt, wenn überall grandiose Blicke und auf jeden Fall viele neue Dinge warten?
Wir lassen den Zufall entscheiden und nehmen in Hanmer Springs zwei Anhalter mit, die auf einer Wanderung um die Südinsel sind. Die Tracks über Berge und Klippen, durch Wälder und Wiesen sind mit Straßenstrecken verbunden, und eine dieser Strecken fahren wir nun hoch Richtung St Lewis Pass mit neuseeländischen Studenten, die mit zwei Rucksäcken, Gitarre und Wanderstab gerade noch in unseren Campervan passen. In Neuseeland trifft man immer auf irgendeinen Weg zum Wandern oder ein Gespräch. Auf der Südinsel leben etwa 1,5 Millionen Menschen und auf der Nordinsel knapp drei, was erklärt, warum jede Gelegenheit zur Unterhaltung gern genutzt wird, denn wer kann schon wissen, wann sich wieder eine ergibt. Die jungen Männer wandern von Hütte zu Hütte, auf den Tracks die beliebtesten Übernachtungsmöglichkeiten, weil man dort ein wenig mehr Schutz vor Sandfliegen hat als im Zelt. Nur hoch oben in den Bergen sei man einigermaßen sicher vor den Plagegeistern.
Den St James Walkway kann man je nach Kondition in drei bis fünf Tagen bewältigen. Wir beschränken uns auf den Anfang, wandern eine Stunde hin und eine zurück. Mutterseelenallein, doch verlaufen kann man sich nicht, auf großen Hinweistafeln werden die Wege mit Zeitangaben erklärt. Unten rauscht ein Fluss und oben ziehen die Wolken. Ohne die kleinen roten Dreiecke an Pfählen und Bäumen kämen wir uns vor wie in den Mittelerdewäldern. Moos, Flechten, knorrige Baumrinden.
Auf der Westseite soll das Wetter schlechter sein, deshalb zieht es uns wieder zurück gen Osten an Feldern mit Wassersprengern vorbei, die wie Riesenspinnen über Weinreben hocken. Geschorene Schafe drängen sich zitternd aneinander, Alpakas recken die langen Hälse. Die Städtchen bestehen nur aus wenigen Straßen, einem Laden für Lebensmittel und einem anderen für alles andere. Am Abzweig zum Mt Lydford steht ein großes Blockhaus mit zehn Plätzen für Camper und drei Whirlpools mit Blick auf die Berge. Servicekräfte sind ein junges Paar aus Deutschland auf Work&Travel Tour durch Neuseeland. Auch sie sind zufällig hier vorbeigekommen und haben sich dann richtig mit Lebenslauf um die Stellen beworben. Den wunderschönen Platz haben wir fast für uns allein, erst diese Saison haben neue Eigentümer die Gaststätte übernommen. Für die weichen Europäer werden sogar zusätzliche Decken aus den Zimmern geholt, und so schlafen wir kuschelig warm von Bergen umgeben.
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42° 31' 40'' S, 172° 49' 48'' E
Peking-Ente in hauchdünne Reisfladen gewickelt, Erbsensprossensuppe mit Krabben, gewürzter Reis und gefüllte Klöße. Schwarzes Sesameis oder Eis mit grünem Tee und Pistazien.
Neben dem Futter für die Augen sind auch Genüsse für den Leib in Hongkong allgegenwärtig. An jeder Ecke brutzelt und köchelt es, überall wird gegessen. Kantonesisch, nordchinesisch, thailändisch, aber auch spanisch, indisch und sogar deutsch, wobei sich die chinesische Küche nach diesem Besuch völlig rehabilitiert hat. Die ganz unterschiedlichen Kleinigkeiten erinnern mich an eine Szene in Michael Endes Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer: Jim und Lukas haben großen Hunger und bekommen von einem kleinen Chinesen, ich glaube, er hieß Ping, viele klitzekleine Becher mit Reis in allen möglichen Geschmacksrichtungen serviert. Vielfalt, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt.
Ganz anders im Flugzeug. Nicht nur was den Platz angeht eine sehr rudimentäre Geschichte. Allerdings hat sich Air Newzealand für die Sicherheitsinstruktionen etwas ganz Spezielles einfallen lassen: Elben, Zwerge, Hobbits und andere Bewohner von Mittelerde zeigen das richtige Verhalten im Ernstfall, selbst Peter Jackson findet den Schatz, den Gollum zwischen den Sitzreihen sucht.
Auf der anderen Seite der Welt steigen wir aus dem Flugzeug, am Nachmittag in Neuseeland, mitten in der Nacht für meinen Körper, das Gewohnheitstier — eine umgestellte Uhr allein überzeugt ihn nicht. Leicht benebelt vergeht der Abend und wird zu einer kurzen Nacht. Genussvoll und vielfältig ist das Essen auch hier im sehr englischen Christchurch. Der Blick erschrickt eher vor den noch sichtbaren Folgen des Erdbebens. Noch nach drei Jahren fehlen Wände von Gebäuden, prägen Trümmerbrachen und Baustellen das Bild der Innenstadt. Dazwischen und daneben Parks und Restaurants, Geschäfte und Hotels und freundliche, sehr kommutative Menschen. Die Urgroßeltern des Taxifahrers stammen aus Tempelhof, die Vermieterin des B&B lässt sich von unserer Reise erzählen und die Fahrerin, die uns am nächsten Tag zum Campmobil fährt, möchte ganz genau wissen, wie es denn heute in Berlin aussieht und wie Ost und West zusammenwachsen.
Hi, love. What can I do for you?
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22° 18' 3'' N, 114° 10' 46'' E
Dunstschleier tauchen Hochhäuser und Bergspitzen in helles Winterlicht, eine märchenhafte, leicht unwirkliche Silhouette über dem Victoria Harbour. Die Wintersonne ist warm, doch vom Meer weht ein kalter Wind, da gesellen sich Wollpullover und Schal zur Sonnenbrille.
Elf Stunden dauert der Flug von Frankfurt nach Hongkong. Dann ist es achtzehn Stunden später — ganz fremd und doch nicht verloren, sondern gut aufgehoben. Natürlich ist die schiere Menge an Hochhäusern auf relativ kleiner Fläche, sind die glitzernden Glasfassaden beeindruckend. Mehr noch die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft an Schaltern, Bussen, Bahnen. Vielleicht ist es das, was diese Riesenstadt so wenig anstrengend macht. Und viele Schilder helfen, sich schnell und einfach durch die Straßen zu bewegen. Geordnetes Gewimmel im Gewirr sich kreuzender Fußgängerbrücken.
Nach der Fahrt mit der roten Schweizer Bergbahn liegt uns die Stadt zu Füßen: die modernen Hochhäuser der Einkaufspaläste auf Hongkong Island und gegenüber auf der anderen Seite des Hafens Kowloon (neun Drachen), wo sich Hotel an Hotel reiht, und selbstverständlich ebenfalls eingekauft werden kann. Früher hat die Bahn die Bewohner des Bergs hinauf gebracht, vier Stationen gab es. Heute nehmen Einheimische wahrscheinlich lieber den Bus, denn an Berg- und Talstation stauen sich die Touristen. Und was gibt es noch dort auf dem Victoria Peak? Zwei riesige Einkaufszentren samt Restaurants. Schulkinder sprechen uns auf dem Platz an, sie sollen ihr Englisch mit einem Fragebogen an Mann und Frau bringen. Etwa zehn sind sie und noch nicht ganz sicher in der Sprache, die zweite offizielle Amtssprache in Hongkong ist. Zum Abschied nimmt die Lehrerin ein Foto auf. Vier lächelnde Gesichter vor und ein fünftes, ebenfalls lächelnd, hinter der Linse.