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21° 13' 16'' S, 159° 49' 1'' W
Graue Wolken über dem Wellenband am Riff. Palmen neigen sich tief, Gipfel verschwinden im Dunst, Wind fegt über die Insel und dann kommt der Regen, heftig und gar nicht mehr tropisch warm.
Sturmwarnung im Paradies. Dächer werden festgebunden, Fenster mit Sperrholzplatten abgedeckt. Im Hafen holen sie die Boote raus und vertäuen sie an Land. Die Geschäfte schließen, und unsere Vermieterin spricht von Evakuierung. In der Regel ziehen die Herbststürme an den Cook-Inseln vorbei Richtung Neuseeland, Fidschi-Inseln und Australien, aber zum ersten Mal seit 2005 hält ein Zyklon direkt auf die Eilande im Pazifik zu. Statt Südseetraum ist also Katastrophenmanagement angesagt.
Zum Glück hauptsächlich im Bereich der guten Laune und im Abfedern der Geräuschkulisse. Nach zwei Tagen erscheint am Horizont ein himmelblaues Band, breitet sich aus und beschert Wattewolken und Sonnenschein. Der ungewöhnlich starke Wind bleibt — lau und willkommen zur Kühlung und Mückenabwehr.
Mit dem Scooter zum nächsten Strand. Mopeds sind Hauptfortbewegungsmittel auf Rarotonga. An zweiter Stelle kommt der Bus bzw. kommen die zwei Busse — einer umrundet die Insel im Uhrzeigersinn, der andere in entgegengesetzter Richtung. Very easy, wie fast alles hier. Um ein motorisiertes Gefährt selbst zu fahren, muss eine örtliche Fahrerlaubnis erworben werden, für zwanzig NZ Dollar, sofern auf dem internationalen Führerschein Motorräder eingetragen sind. Sonst muss für fünf Dollar extra eine Fahrprüfung abgelegt werden. An den Ankunftstagen ist die Schlange lang im Polizeigebäude.
Mit dem Inselführerschein — Plastikkarte mit Bild — dürfen dann die zweiunddreißig Kilometer der Hauptstraße mit fünfzig Sachen umrundet werden, egal in welcher Richtung. Immer mit Blick auf das Riff, auf die Wellen, die sich dort brechen. am Korallenband, das mehrere hundert Meter im Meer die Insel säumt. Davor Badebuchten mit klarem, warmen Wasser, in der Regel vollkommen ruhig, aber im Augenblick bewegter, siehe oben, was aber nicht einmal mich vom Baden abhält.
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36° 50' 55'' S, 174° 43' 53'' E
Das Wetter hat sich entschlossen, uns den Abschied leicht zu machen. Zyklon Lusi fegt über die Nordinsel, es regnet und windet die letzten zwei Tage unserer Reise. Da ist es gut, eine feste Unterkunft zu haben, noch dazu eine so wunderbare wie das Sunderland B&B in Ponsonby, einem grünen Stadtteil mit hübschen Holzhäusern, kleinen Geschäften und Restaurants für jeden Geschmack.
Aus dem Fenster geht der Blick weit über die Stadt, von der wir den Hafen (natürlich), den Vorort Devonport und Ponsonby näher kennenlernen. Größer ist alles, auch ein wenig voller — hier leben beinahe so viele Menschen wie auf der ganzen Südinsel —, aber immer noch entspannt. Beeindruckend ist auch der Platz, den sich die Stadt nimmt. Raum ist auch ein Schlüsselwort der Reise, etwas, das Neuseeland mehr noch als alle Naturschönheiten von anderen Zielen unterscheidet: Es gibt unglaublich viel Platz. Unvorstellbar in Europa, selbst in abgelegenen, wenig besiedelten Gebieten ist man nie so weit entfernt, denn hier kommt erst einmal der Ozean und dann eine ganze Weile nichts. Wie werden die Weite vermissen, das Meer und die Freundlichkeit.
Im Hafen wird St.Patrick's Day gefeiert, wie wohl überall auf der Welt, wohin es irische Auswanderer verschlagen hat. Am Kai liegen große Wettkampfschiffe, dort fahren die Fähren zu den Inseln ab. Für eine Überfahrt verziehen sich die Wolken, zeigt uns die City of Sails, warum sie auf Platz vier der Großstädte mit der höchsten Lebensqualität steht.
Nicht nur deshalb fällt uns der Abschied schwer von zwei Monaten auf den Inseln am anderen Ende der Welt, vom entspannten Leben, und nicht zuletzt von Donald und Kathy, unseren warmherzigen Gastgebern der letzten zwei Tage.
So you will come back? Yes.
And you'll tell your friends? Yes.
And they will come, too? Yes.
Der Ausreisestempel ist im Pass. Mit einem Lächeln verabschiedet sich Neuseeland.
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37° 28' 2'' S, 175° 59' 13'' E
Ruhig ist der Pazifik nie, rollt mit Ebbe und Flut auf die langen, flachen Sandstrände der Bay. Keine Welle gleicht der anderen, nie bricht die folgende an der gleichen Stelle, nie folgen sie einem erkennbaren Rhythmus. Wild und weit ist das Meer, vielfarben das Blau, goldschimmernd der Sand, auf dem bleiches Holz liegt.
Die Bay of Plenty ist ein mit Schönheit reich beschenkter Flecken Erde, in Reiseführern wird ihr oft nur geringer Platz eingeräumt als Feriengebiet mit besagten langen Stränden und Hainen, in denen Obst im Überfluss wächst. Doch wie so häufig auf unserer Reise sind es gerade die kleinen Überraschungen, die uns staunen lassen.
Ein einsamer Strand am Ende der Straße, ein Dünenmeer, so weit das Auge reicht, liebevoll gestaltete Waschräume und Gemeinschaftsküchen, heiße Thermalbecken nach langer Fahrt mit der scheppernden Blechkiste. Sonnige Herbsttage mit milden, klaren Nächten. Begegnungen: Australier, die sich ebenso wie wir begeistert sind, dass nach kaum einer Stunde Fahrt eine völlig neue Landschaft auftaucht, Dänen, die Wein und Kultur genießen, junge Tschechen auf Work & Travel Tour (und noch viele mehr) und immer wieder Neuseeländer, die sich freuen, dass uns ihr Land so gut gefällt.
Ruhig werden wir in der Bay of Plenty, so viel haben wir gesehen, bleiben länger an einem Ort — auf einem Campingplatz zwischen Dünen oder auf einem Hügel am Ende einer Landzunge mit Blick auf zwei Buchten —, schwimmen und schauen, schweigen am Meer.
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38° 7' 35'' S, 176° 14' 40'' E
Überall brodelt und blubbert es, dampft aus Erdlöchern und Flüssen. Auf dem kühlen See schwimmen schwarze Schwäne, doch der Grund unter den Füßen ist warm, man muss nur wenige Zentimeter buddeln und stößt auf warmes, fast schon zu heißes Wasser. Natürlich gibt es ein Spa, aber auch Hotel, Motel und Campingplätze haben Hot Pools gespeist aus natürlichen Quellen.
Wir sind in einem recht aktiven Thermalgebiet mit Geysiren, heißen Quellen und Vulkanen, nach den frischen Wellenbädern des Pazifik ist faules Herumliegen in badewannenheißen Pools eine schöne Abwechslung — schon am Morgen auf dem Campingplatz und dann länger im Waikite-Village, wo sich eine Gemeinde zusammengetan hat, um am brühheißen Fluss einen Paradiesgarten mit kleinen und großen Becken, sowie einem Pfad zur dampfenden Quelle zu schaffen. Der Eintritt ist an diesem Tag frei. Eine Hauptleitung ist gebrochen, doch um die Mittagszeit repariert. So können wir doch das ausgetüftelte Zuleitungssystem bewundern, dass die unterschiedlich warmen Becken stetig mit Frischwasser füllt.
Where are you guys from? Have you had a good soak? Freundliches Miteinander aus vielen Ländern.
Genügend durchgeweicht kehren wir zurück in die Stadt. Im Basement-Kino, neben Kletterwand und Backpacker-Hotel, läuft Dallas Buyers Club, großartig gespielt, beeindruckend und beklemmend. Ein Plädoyer für Toleranz und Mitmenschlichkeit, für das Leben in aller Vielfalt, mit allem Schmerz und allen Widersprüchen. Genau das sollte Kunst tun, ganz egal aus welcher Sparte.