Positionsmeldung

Nora

Willkommen

Positionsmeldung erzählt von Reisen. Manche führen aufs Meer, manche nur ein paar Schritte vor die Haustür, manche ereignen sich auf Papier, auf Bühne und Leinwand oder virtuell.

Ich freue mich über Begleitung.

 
  • Midsommar auf Öland

    56° 39' 0'' N, 16° 28' 0'' E

     

    website blog 150

    Wattewolken am Himmel, Frauen in weißen Kleidern, Mädchen mit Blumenkränzen im Haar. Schlag drei Uhr nachmittags sind die Straßen wie ausgestorben, die meisten Läden machen gar nicht erst auf, und selbst der Wind hat sich gelegt. Im ordentlichen Schweden fällt der Midsommarafton immer auf einen Freitag (irgendwann zwischen dem 19. und dem 24. Juni). Dann werden am Vormittag Blumen gesammelt oder gekauft, dann sitzt man ab Nachmittag zusammen und genießt den längsten Tag, im Norden wird es gar nicht dunkel und im Süden höchstens zwei Stunden.

  • Das Licht in Sandhamn

    56° 5' 38'' N, 15° 51' 25'' E

     

     

    website blog 147Rote Häuschen und weiß getünchte LKW-Reifen an der Kaimauer — Hanö, die wilde Ferieninsel, der im Sommer stets volle Hafen, der willkommene Halt beim Sprung zur Ostküste.

    Das erste Mal waren wir hier im ersten Jahrhundertsommer, irgendwann in der 2000er Reihe, zum ersten Mal hatten wir ein Boot, mit dem wir über die Ostsee fahren konnten, zum ersten Mal erlebten wir die Ruhe der langen Überfahrten und die Hektik im stets vollen Hafen von Hanö, wenn zwischen sechs und sieben die Boote einliefen, einen Platz zum Festmachen suchten, und sich das Knäuel endlich zu Zweier- und Dreierpäckchen ordnete.

  • Westcork — die wilde Ecke Europas

    51° 29' 13'' N, 9° 42' 60'' W

     

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    Hecken, Kurven, grauer Himmel bis zum blaugrauen Atlantik. Seit Tagen stürmt es oder regnet oder regnet stürmisch oder stürmt mit Sonnenschein, aber das eher selten. Ein Irlandurlaub hat immer auch etwas von Überlebenstraining. Nicht, dass Leib und Leben wirklich in Gefahr wären, jedenfalls nicht mehr als bei anderen Urlauben, doch eine gewisse Robustheit ist gefragt — körperlich, um sich Kälte und Regen in den Weg zu stellen, ohne krank zu werden, psychisch, um nicht im Warten auf einen Sonnenstrahl zu verzweifeln.

    Vielleicht ist es auch ein wenig wagemutig zu ungewöhnlichen Zeiten die Insel aufzusuchen, schon oft waren wir im Oktober hier, diesmal eben Anfang Mai, der den Bauern sicher Scheun und Fass füllt, uns aber meist im Haus festhält. Doch auch den nassesten August seit Menschengedenken haben wir irgendwann einmal mitgenommen. Verlassen kann man sich in Irland nur auf den Regen und den Wechsel. Der kommt sicher, und wenn dann die Sonne am blauen Himmel steht, ist Irland eines der schönsten Länder auf dieser Erde. Nur dass der große Heizstrahler eben oft verhangen ist, und Stürme aus dem Westen über die Insel fegen. Es stürmt also, und selbst die Jugendlichen sagen ihre Strandparties ab. Schwimmen gehen sie dennoch, bei elf Grad Außentemperatur.website blog 136

    Unter drei Decken schlafen wir lange, ausruhen kann man fantastisch in Westcork mit Blick auf das Meer, auf grüne Wiesen und gelben Ginster. Herz und Seele lüften. Zum Markt fahren. Biogemüse, selbstgemachter Ziegenkäse und Yoghurt, selbstgebackenes Brot und ein kleiner Schwatz. Organic food neben allem, was man selbst herstellen kann oder im Keller findet. Im äußersten Südwesten Europas stehen eben keine Hightech-Fabriken, sondern Farmen mit Schafen, Kühen und Gemüse, vorzugsweise Kartoffeln. Ein Fach in der Oberschule ist Landwirtschaft, und unsere Tochter weiß nach einem Dreivierteljahr in Irland mehr darüber als die in Berlin aufgewachsene Mutter, die nur zu Besuch kommt. Entbehrungsreich und fordernd war das Leben in dieser Ecke Europas schon immer, weshalb das reichhaltige und günstige Angebot deutscher Billigmarktketten mit vorsichtiger Begeisterung aufgenommen wird. Europa ist Segen und Bürde.

    Am Abend am bullernden Holzofen ist Europa zu Gast. Irland hat ein besonderes Verhältnis zum ESC, denn das kleine Land hat den Wettbewerb am häufigsten gewonnen, sieben Mal insgesamt. All Kinds of Everything könnte ich auch noch mitsummen. In Kopenhagen ist kein irisches Lied dabei, doch diesmal gewinnt Europa, stimmt mehrheitlich für Toleranz, für Conchita Wurst, die Künstlerin, die Kunstfigur, die sich gerade das auf die Fahnen geschrieben hat. Auch von Irland gibt es zwölf Punkte für Österreich. Rise like a Phoenix.

  • Abschied in Auckland

    36° 50' 55'' S, 174° 43' 53'' E

     

     

    website blog 123Das Wetter hat sich entschlossen, uns den Abschied leicht zu machen. Zyklon Lusi fegt über die Nordinsel, es regnet und windet die letzten zwei Tage unserer Reise. Da ist es gut, eine feste Unterkunft zu haben, noch dazu eine so wunderbare wie das Sunderland B&B in Ponsonby, einem grünen Stadtteil mit hübschen Holzhäusern, kleinen Geschäften und Restaurants für jeden Geschmack.

    Aus dem Fenster geht der Blick weit über die Stadt, von der wir den Hafen (natürlich), den Vorort Devonport und Ponsonby näher kennenlernen. Größer ist alles, auch ein wenig voller — hier leben beinahe so viele Menschen wie auf der ganzen Südinsel —, aber immer noch entspannt. Beeindruckend ist auch der Platz, den sich die Stadt nimmt. Raum ist auch ein Schlüsselwort der Reise, etwas, das Neuseeland mehr noch als alle Naturschönheiten von anderen Zielen unterscheidet: Es gibt unglaublich viel Platz. Unvorstellbar in Europa, selbst in abgelegenen, wenig besiedelten Gebieten ist man nie so weit entfernt, denn hier kommt erst einmal der Ozean und dann eine ganze Weile nichts. Wie werden die Weite vermissen, das Meer und die Freundlichkeit.

    website blog 121Im Hafen wird St.Patrick's Day gefeiert, wie wohl überall auf der Welt, wohin es irische Auswanderer verschlagen hat. Am Kai liegen große Wettkampfschiffe, dort fahren die Fähren zu den Inseln ab. Für eine Überfahrt verziehen sich die Wolken, zeigt uns die City of Sails, warum sie auf Platz vier der Großstädte mit der höchsten Lebensqualität steht.

    Nicht nur deshalb fällt uns der Abschied schwer von zwei Monaten auf den Inseln am anderen Ende der Welt, vom entspannten Leben, und nicht zuletzt von Donald und Kathy, unseren warmherzigen Gastgebern der letzten zwei Tage.

    So you will come back? Yes.

    And you'll tell your friends? Yes.

    And they will come, too? Yes.

    Der Ausreisestempel ist im Pass. Mit einem Lächeln verabschiedet sich Neuseeland.

  • Eastland

    37° 41' 31'' S, 178° 32' 39'' E

     

     

    website blog 110Angefangen hat es schon eine ganze Weile vor Napier. Blankgeputzte, chromglänzende Oldtimer rollten auf dem Highway durch die Kurven. In Napier strahlen die Art Deco Fassaden um die Wette, blitzen Bleiglasfenster und -türen. Zurück in die Zwanziger mit jedem Meter — vorbei an Geschäften und Lokalen, an einem Freibad und einem Brunnen im Park am Pazifik. Jede Minute könnten Daisy und Gatsby um die Ecke kommen. Aber es ist keine Filmkulisse, sondern eine lebendige Stadt, deren Fassaden nach einem Erdbeben 1931 akribisch restauriert und seither gehegt und gepflegt wurden als Attraktion der Art Deco Hauptstadt.

    Sechzig Kilometer weiter in Gisborne sind wir nur noch zwei Längengrade von der Datumsgrenze entfernt, an der die Zeit einen Tag zurückspringt, sind also dem Rest der Welt voraus.

    Be the first to see the light.

    website blog 113Hier beginnt Eastland, der östlichste Landesteil Neuseelands, Maoriland. Achtzig Prozent des Landes gehören Maori, in der dünn besiedelten Gegend stellen sie den größten Bevölkerungsanteil. Im Landesinnern Wälder und Farmen, an den Küsten Bucht an Bucht, weite Strände, Wellen, auf denen Surfer gleiten. Steile Klippen, grandiose Blicke hinter engen Kurven, Schotterstraßen, die vor einem Gatter enden.

    Keep out. Unmissverständlich auf einem Schild am Zaun.

    Wir lernen eine neue Art des Freedom-Camping kennen — mit Müllentsorgungsgebühr. Ab Gisborne gibt es entlang der Küste festgelegte Plätze, für die man sich im Voraus ein Permit und den blauen Müllbeutel holen muss. So landen wir in der Waipiro Bay auf einer kleinen Wiese unterhalb von Kirche, Friedhof und Marae, an die das Meer bei Flut bis auf einen Meter heranschwappt. Mächtig rollt sie heran — einen Augenblick wird es ganz still, das Bild friert ein,  und dann schäumt und brodelt es erneut, leckt an angeschwemmten Holz und Dünensand. Nachts sinken die Sterne zum Meer.

  • Von der Tasman Sea zum Pazifik

    39° 25' 57'' S, 176° 52' 25'' E

     

     

    website blog 108On the road again …

    Entgegen allen Plänen haben wir den Aufenthalt in Wellington aufs Doppelte verlängert, haben die Stadt und die Annehmlichkeiten einer festen Behausung genossen und beginnen unsere Fahrt über die Nordinsel mit einer Schleife an die Westküste. Unser Ziel ist Te Horo Beach, denn dort lebt Fiona.

    Fiona ist Flinchlock® Release Therapeutin, eine neuseeländische Form der Behandlung erstarrter Strukturen im Knochengerüst, und kennengelernt haben wir sie auf dem Underground Market in Wellington, wo man samstags nicht nur alle möglichen Dinge kaufen kann, sondern auch Massagen und virtuelle Realität ausprobieren kann. Da Stadtspaziergänge Gift für den Rücken des Gatten sind, war die Gelegenheit günstig, und der Erfolg führt uns nun an die Strände der Kapiti Bay.

    Am Abend machen wir zum ersten Mal die Bekanntschaft eines privaten Sicherheitsdienstes, denn am wunderschönen Strand von Te Horo ist Freedom Camping verboten. Falls wir aber Alkohol getrunken hätten, könnten wir bis zum Morgen bleiben. Haben wir und können so in Ruhe den Sonnenuntergang am mit Holzstücken übersäten Strand betrachten.

    website blog 109Mehr Leute, mehr Regeln und mehr Verkehr gibt es auf der Nordinsel, mehr Sonne soll es auch geben. In vier Tagen beginnt der Herbst, also schnell quer über die Insel zu den Pazifikstränden und, wie sich auf dem Weg herausstellt, zu dichten Wolken und Regentropfen. Nach einer weiteren Nacht auf einem, diesmal offiziellen, Platz zum freien Campen ist der nächste Stop eine Dumping-Station — zwei Tage sind echt das Maximum für Schmutzwassertank und Toilette. Öffentliche Entsorgungstellen gibt es genügend, doch die nächste ist voll und deshalb gesperrt, weshalb wir noch ein Stück weiter nach Norden fahren und zu Mittag auf einem Campingplatz am Meer stehen, etwas erhöht über dem schwarzen Strand, auf den die Wellen donnern. Ein paar Stunden später zeigen sich blaue Flecken am Himmel, wärmen uns Sonnenstrahlen, werden die Wellen zahmer. Der Strand gehört uns allein, das Meer ist wunderbar … und es gibt keine Sandfliegen, na ja fast keine.

  • Great Alpine Highway

    42° 45' 59'' S, 171° 37' 24'' E

     

     

    website blog 104Die Straße über den Arthur's Pass ist der schnellste, höchste und schönste Übergang von West nach Ost. Geradezu grandios wird er, wenn sich die grauen Wolken teilen, wenn der Regen im Westen zurückbleibt und vor uns nur noch blauer Himmel und endlose Bergketten liegen.

    An diesem Sonnabend sind nicht nur Touristen mit Campmobilen oder als Gruppen auf Motorrädern unterwegs, sondern auch heimische Wochenendausflügler sowie Radfahrer, die ein Rennen austragen. Mutig in den steilen Kurven und auf den engen, einspurigen Brücken, doch aufmerksam bewacht von jeder Menge Streckenposten.

    Hinten im Tal fährt ein Zug wie ein Spielzeugeisenbahn. Im weiten Nichts plötzlich ein See und ein Rastplatz. Am Lake Pearson stehen Zelte, ein kleines Segelboot kreuzt im Wind. Untereinem Baum ein schattiger Platz mit Blick auf den See und fast keinen Anfliegen — wunderbar.

    website blog 103I don't want to block your view, but I like to camp at the shore.

    Tim hat seine Frau und zwei Kinder dabei, und wie sich herausstellt, auch einen Arbeitskollegen und dessen zwei Freunde. Schon stehen zwei Wagen und drei Zelte neben uns. Aber sie seien ruhige Nachbarn, beteuern sie. Die Kinder springen im Wasser, die Männer flippen Steine. Tim ist begeisterter Freedom-Camper wie viel Neuseeländer. Leider gehe die Zahl der Plätze immer mehr zurück, weil ein paar Leute sich nicht an die Regeln hielten.

    Ich frage, ob die vielen Touristen nicht nerven, die ebenfalls die schönen Plätze besetzen.

    Oh, no, Kiwis are friendly people, they like to help.

    Es gefällt ihnen, wenn Fremden ihr Land und ihr Way of life gefällt. Und mir Berliner Stadtkind gefällt es hier, mit so viel Platz unter freiem Himmel zwischen freundlichen Neuseeländern.

  • Rauer Westen

    43° 23' 3'' S, 170° 11' 10'' E

     

    website blog 102

    Von Südosten nach Nordwesten über den Presidential Highway zwischen Clinton und Gore (die Orte heißen wirklich so, und ein Schild kündigt auf zwei mal zwei Metern die präsidiale Schnellstraße an). Das ist dann auch das Spektakulärste an der Fahrt durch hübsch hügeliges Land, in dem nichts, aber auch gar nichts zum Verweilen einlädt.

    Da sind Wakatipu und Havea schon verführerischer, große, langgestreckte Seen mit Wiesen und Bäumen am Ufer und genug Platz für Campervans. Essen am Strand, Schwimmen im See — na ja bis zum Bauchnabel war ich drin. Noch nach Sonnenuntergang bleibt es hell, lang fällt der Blick durch die Wagenfenster auf das ruhige Wasser und steile Berge, die vor den Westwinden und dem Regen abschirmen, weshalb es in Queenstown und Umgebung meist zwei Grad wärmer als in anderen Landesteilen ist.

    website blog 101Doch was wäre Neuseeland ohne Regen? Hinter dem Haast Pass macht der Regenwald seinem Namen alle Ehre, die Gletscher Fox und Franz-Josef verschwinden in niedrigen Wolken, die fast die Erde berühren; von Farnen und Sträuchern, von Palmen und hohen Bäumen tropft es stetig. Hier wird uns Freedom-Camping oder die Übernachtung auf den naturnahen DOC-Plätzen, die sich zudem meist als Sandfliegenparadiese erweisen, doch zu rau und ungemütlich. Wir fahren auf einen Holiday Park mit Restaurant, Whirlpool und blitzeblanken Sanitäranlagen.

    In kleinen und großen Blockhütten, farngrün oder borkenbraun, Unterkünfte und Gemeinschaftsräume, Rezeption und Restaurant wie in einem kleinen Dorf im Regenwald. Auch die Wagen stehen in grünen Blätterhöhlen. Am Abend sitzen wir am Feuer mit jungen Backpackern, älteren Campern und gemischten Reisegruppen, atmosphärisch zwischen den Siebzigern — was an Neil Young, Bob Dylan und Janis Joplin im Hintergrund und vielen jungen Männern mit langen Haaren und Bärten liegen mag — und dem 21. Jahrhundert mit italienisch angehauchten Speisen und Cocktails, sowie Smartphones in jeder zweiten Hand, denn außerhalb der Villages bei den Gletschern zeigen die Displays über Hunderte von Kilometern kein Netz an.

    Der Regen macht eine Pause, zwischen weißen Wolken ein Stück blauer Himmel, bevor es Nacht wird. Im Campervan bullert die Gasheizung.

  • Southland — Fjordland

    46° 39' 38'' S, 169° 6' 11'' E

     

     

    website blog 100Sonnenheiße Tage, klirrendkalte Nächte (zum Glück gibt es Fleecedecken in Outdoorläden), wolkenverhangene Berge (Regen oder nicht, das ist hier tagtäglich die Frage). Das einzig Beständige im Süden der Südinsel ist der Wechsel — beim Wetter sowieso, bei der Landschaft zwischen Regenwäldern mit Wasserfällen, schroffen Klippen mit weiten Buchten, endlose Wiesen, auf denen sich weiße Schafe und schwarze Rinder unregelmäßig regelmäßig verteilen, und tief eingeschnittenen Fjorden, durch die der Wind pfeift. Und immer, wenn man denkt, es gönnte nicht Schönes mehr kommen, wartet die nächste Überraschung.

    Im Fjordland-Cinema läuft vormittags ein Dokumentarfilm und jeden Abend ein anderer Spielfilm. Wir sehen August Osage County in extrabreiten roten Samtsitzen mit Bedienung am Platz und zusätzlicher Verzehr- und Kommunikationspause in der Filmmitte. Der Streifen ist ein Fest für die Schauspieler, wunderbare Dialoge und vor allem eine großartig böse und gemeine Meryl Streep — and my Oscar goes to her.

    website blog 98Im Fjordland fahren wir Stunden durch menschenleere Gebiete, kaum einmal ein Gehöft hinter dichten, kantig zurechtgestutzten Hecken, dann eine Kurve und das tiefblaue Meer liegt vor uns. 5000 km bis zum Südpol und auch fünftausend bis zum Äquator, in der Porpoise Bay ziehen Hektor-Delfine (die mit der runden Flosse) ihre Jungen groß, nebenan in der Curie Bay tun Gelbaugenpinguine das Gleiche. Am Tage können Glückliche, die kaltes Wasser nicht scheuen, mit Delfinen schwimmen, und in der Dämmerung kommen die Pinguineltern aus dem Meer, um ihre Jungen zu füttern. Da können hinter einem gelben Seil als Absperrung auch Frostbeulen in drei Lagen Wolle zusehen. Große Schilder warnen vor den Seelöwen, jede Menge andere zeigen in Wort und Bild, wie und warum man zu allen drei Gattungen Abstand halten soll. Schutz gefährdeter Tierarten wird großgeschrieben, und man setzt auf Vernunft und Selbstkontrolle.

    Einen Tag sitzen wir am Meer und beobachten das entspannte Nebeneinander von Surfern, Schwimmern und Delfinen in den Wellen. Am nächsten Morgen ist die Bucht ungewöhnlich leer und Curie Bay landesweit in den Nachrichten. Zum ersten Mal hat ein Hai an diesem Ort einen Surfer angegriffen und zum Glück nur verletzt.

  • Freedom am Lake Pukaki

    44° 9' 57'' S, 170° 12' 48'' E

     

     

    website blog 94Ein See wild wie ein Meer, fast. Der Wind von den Bergen treibt die Wellen an den Kieselstrand. Braun und grau ragen die Berge über dem leuchtend grünen Wasser auf, und ganz am anderen Ende durchbricht der Aoraki die Wolken. Lange Zeit hieß der höchste Berg Neuseelands Mount Cook, nun trägt er auch wieder den Maori-Namen.

    Für uns ist der Lake Pukaki die erste Station als Freedom-Camper. Wenn es nicht ausdrücklich verboten ist, kann man mit einem Wohnmobil, das über Toilette und Schmutzwassertank verfügt, überall in Neuseeland campen. Hier am See besonders schön, weit genug weg von der Straße und mit Blick auf die Berge, ein Logenplatz mit Wellengeplätscher, schon vom Platzangebot eine Alternative zu den Campingplätzen, wo man häufig Tür an Tür steht. Wir brauchen zwei Anläufe, um den Platz zu finden, natürlich gibt es keine Schilder, nur andere Camper, die dort stehen.

    Abends füllt sich auch dieser Ort, doch achten alle darauf, keinem anderen die Sicht zu nehmen, und verteilen sich großzügig im Gelände. Neuseeländer, Spanier, Chinesen und Deutsche in Caravans, Campervans, Autos und Zelten, denn im nahen Wäldchen gibt es eine Trockentoilette, streng nach Gents und Ladies aufgeteilt, aber dennoch spätestens am Morgen nur für absolut geruchsunempfindliche Menschen zu benutzen.

    Doch der Blick ist fantastisch, weit über den See, bis die letzten Sonnenstrahlen verschwunden sind. Wunderbar ist auch ein Bad am Abend und am Morgen im recht frischen Wasser — jedenfalls nach Aussage des Gatten. Mir genügt ein Fußbad nach einer vierstündigen Wanderung zum Gletschersee und zurück.

     

  • Kühler Süden — Kaikoura

    42° 23' 43'' S, 173° 40' 45'' E

     

     

    website blog 93Türkis, silberblau, smaragdgrün, indigo — das Meer hat viele Farben, ist wild und kühl an der Ostseite der Südinsel. Am anderen Ende der Welt ist alles umgekehrt, je weiter man nach Süden kommt, desto kühler wird es, auf der Südinsel herrscht eher skandinavisches Sommerwetter, also für mich kaum eine Chance auf ein Bad im Meer. Der Westwind bringt Regenwolken, der Südwind eisige Polarluft.

    Rein in Wollpullover und Windjacke, raus aus Windjacke und Wollpullover, und immer schön eincremen von wegen Ozonloch, und immer die Mütze auf. Ein Land für Outdoor-Bekleidung, für das Zwiebelprinzip. Ein Meer für Robben und Wale.

    Die ersten Siedler aus Polynesien folgten den Walen und entdeckten ein noch unbewohntes Land im Meer. Etwa fünfhundert Jahre später entdeckten die ersten weißen Siedler die Walschulen in den Buchten und freuten sich über den leichten Fang. Ende des 20. Jahrhunderts entdeckte die Tourismusbranche Whalewatching als Einnahmequelle, und so fahren und fliegen heute Maori in Kaikoura Touristen zur Bilderjagd. Bekannt ist Kaikoura auch für Crayfish — Langusten — , die man überall bekommt, allerdings mit dem Hinweis, man solle sich den Verzehr genau überlegen, denn ein Tier brauche fünf bis acht Jahre, um heranzuwachsen. Wir teilen uns zu zweit ein halbe Languste.

    Abends finden wir in der Goose Bay einen Stellplatz direkt am Meer. Vier kleine, staatliche Campingplätze gibt es in der Bucht, drei liegen am Meer — bei dem Ausblick, bei Robben, die sich nur wenige Meter entfernt sonnen, nehmen wir die nahe Straße gerne in Kauf und lauschen dem Wellenrauschen.

  • Tracks und Talks

    42° 30' 27'' S, 173° 9' 15'' E

    Wo fährt man hin, wenn es in alle Richtungen jede Menge Natur zu sehen gibt, wenn überall grandiose Blicke und auf jeden Fall viele neue Dinge warten?

    website blog 91Wir lassen den Zufall entscheiden und nehmen in Hanmer Springs zwei Anhalter mit, die auf einer Wanderung um die Südinsel sind. Die Tracks über Berge und Klippen, durch Wälder und Wiesen sind mit Straßenstrecken verbunden, und eine dieser Strecken fahren wir nun hoch Richtung St Lewis Pass mit neuseeländischen Studenten, die mit zwei Rucksäcken, Gitarre und Wanderstab gerade noch in unseren Campervan passen. In Neuseeland trifft man immer auf irgendeinen Weg zum Wandern oder ein Gespräch. Auf der Südinsel leben etwa 1,5 Millionen Menschen und auf der Nordinsel knapp drei, was erklärt, warum jede Gelegenheit zur Unterhaltung gern genutzt wird, denn wer kann schon wissen, wann sich wieder eine ergibt. Die jungen Männer wandern von Hütte zu Hütte, auf den Tracks die beliebtesten Übernachtungsmöglichkeiten, weil man dort ein wenig mehr Schutz vor Sandfliegen hat als im Zelt. Nur hoch oben in den Bergen sei man einigermaßen sicher vor den Plagegeistern.

    Den St James Walkway kann man je nach Kondition in drei bis fünf Tagen bewältigen. Wir beschränken uns auf den Anfang, wandern eine Stunde hin und eine zurück. Mutterseelenallein, doch verlaufen kann man sich nicht, auf großen Hinweistafeln werden die Wege mit Zeitangaben erklärt. Unten rauscht ein Fluss und oben ziehen die Wolken. Ohne die kleinen roten Dreiecke an Pfählen und Bäumen kämen wir uns vor wie in den Mittelerdewäldern. Moos, Flechten, knorrige Baumrinden.

    website blog 92Auf der Westseite soll das Wetter schlechter sein, deshalb zieht es uns wieder zurück gen Osten an Feldern mit Wassersprengern vorbei, die wie Riesenspinnen über Weinreben hocken. Geschorene Schafe drängen sich zitternd aneinander, Alpakas recken die langen Hälse. Die Städtchen bestehen nur aus wenigen Straßen, einem Laden für Lebensmittel und einem anderen für alles andere. Am Abzweig zum Mt Lydford steht ein großes Blockhaus mit zehn Plätzen für Camper und drei Whirlpools mit Blick auf die Berge. Servicekräfte sind ein junges Paar aus Deutschland auf Work&Travel Tour durch Neuseeland. Auch sie sind zufällig hier vorbeigekommen und haben sich dann richtig mit Lebenslauf um die Stellen beworben. Den wunderschönen Platz haben wir fast für uns allein, erst diese Saison haben neue Eigentümer die Gaststätte übernommen. Für die weichen Europäer werden sogar zusätzliche Decken aus den Zimmern geholt, und so schlafen wir kuschelig warm von Bergen umgeben.

     
  • Genüsse

    42° 31' 40'' S, 172° 49' 48'' E

     

     

    website blog 77Peking-Ente in hauchdünne Reisfladen gewickelt, Erbsensprossensuppe mit Krabben, gewürzter Reis und gefüllte Klöße. Schwarzes Sesameis oder Eis mit grünem Tee und Pistazien.

     

    Neben dem Futter für die Augen sind auch Genüsse für den Leib in Hongkong allgegenwärtig. An jeder Ecke brutzelt und köchelt es, überall wird gegessen. Kantonesisch, nordchinesisch, thailändisch, aber auch spanisch, indisch und sogar deutsch, wobei sich die chinesische Küche nach diesem Besuch völlig rehabilitiert hat. Die ganz unterschiedlichen Kleinigkeiten erinnern mich an eine Szene in Michael Endes Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer: Jim und Lukas haben großen Hunger und bekommen von einem kleinen Chinesen, ich glaube, er hieß Ping, viele klitzekleine Becher mit Reis in allen möglichen Geschmacksrichtungen serviert. Vielfalt, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt.

     

    Ganz anders im Flugzeug. Nicht nur was den Platz angeht eine sehr rudimentäre Geschichte. Allerdings hat sich Air Newzealand für die Sicherheitsinstruktionen etwas ganz Spezielles einfallen lassen: Elben, Zwerge, Hobbits und andere Bewohner von Mittelerde zeigen das richtige Verhalten im Ernstfall, selbst Peter Jackson findet den Schatz, den Gollum zwischen den Sitzreihen sucht.

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    Auf der anderen Seite der Welt steigen wir aus dem Flugzeug, am Nachmittag in Neuseeland, mitten in der Nacht für meinen Körper, das Gewohnheitstier — eine umgestellte Uhr allein überzeugt ihn nicht. Leicht benebelt vergeht der Abend und wird zu einer kurzen Nacht. Genussvoll und vielfältig ist das Essen auch hier im sehr englischen Christchurch. Der Blick erschrickt eher vor den noch sichtbaren Folgen des Erdbebens. Noch nach drei Jahren fehlen Wände von Gebäuden, prägen Trümmerbrachen und Baustellen das Bild der Innenstadt. Dazwischen und daneben Parks und Restaurants, Geschäfte und Hotels und freundliche, sehr kommutative Menschen. Die Urgroßeltern des Taxifahrers stammen aus Tempelhof, die Vermieterin des B&B lässt sich von unserer Reise erzählen und die Fahrerin, die uns am nächsten Tag zum Campmobil fährt, möchte ganz genau wissen, wie es denn heute in Berlin aussieht und wie Ost und West zusammenwachsen.

     

    Hi, love. What can I do for you? 

  • Hongkong — Stadt des Lächelns

    22° 18' 3'' N, 114° 10' 46'' E

     

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    Dunstschleier tauchen Hochhäuser und Bergspitzen in helles Winterlicht, eine märchenhafte, leicht unwirkliche Silhouette über dem Victoria Harbour. Die Wintersonne ist warm, doch vom Meer weht ein kalter Wind, da gesellen sich Wollpullover und Schal zur Sonnenbrille.

    Elf Stunden dauert der Flug von Frankfurt nach Hongkong. Dann ist es achtzehn Stunden später — ganz fremd und doch nicht verloren, sondern gut aufgehoben. Natürlich ist die schiere Menge an Hochhäusern auf relativ kleiner Fläche, sind die glitzernden Glasfassaden beeindruckend. Mehr noch die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft an Schaltern, Bussen, Bahnen. Vielleicht ist es das, was diese Riesenstadt so wenig anstrengend macht. Und viele Schilder helfen, sich schnell und einfach durch die Straßen zu bewegen. Geordnetes Gewimmel im Gewirr sich kreuzender Fußgängerbrücken.

    website blog 73Nach der Fahrt mit der roten Schweizer Bergbahn liegt uns die Stadt zu Füßen: die modernen Hochhäuser der Einkaufspaläste auf Hongkong Island und gegenüber auf der anderen Seite des Hafens Kowloon (neun Drachen), wo sich Hotel an Hotel reiht, und selbstverständlich ebenfalls eingekauft werden kann. Früher hat die Bahn die Bewohner des Bergs hinauf gebracht, vier Stationen gab es. Heute nehmen Einheimische wahrscheinlich lieber den Bus, denn an Berg- und Talstation stauen sich die Touristen. Und was gibt es noch dort auf dem Victoria Peak? Zwei riesige Einkaufszentren samt Restaurants. Schulkinder sprechen uns auf dem Platz an, sie sollen ihr Englisch mit einem Fragebogen an Mann und Frau bringen. Etwa zehn sind sie und noch nicht ganz sicher in der Sprache, die zweite offizielle Amtssprache in Hongkong ist. Zum Abschied nimmt die Lehrerin ein Foto auf. Vier lächelnde Gesichter vor und ein fünftes, ebenfalls lächelnd, hinter der Linse.

  • Die Welt ist rund

    23° 27' 34'' N, 13° 18' 34'' E

     

     

    Keine neue Erkenntnis, zugegeben (nur die katholische Kirche hat ein paar hundert Jahre länger gebraucht), aber ich habe den Erdball noch nie umrundet, weshalb es ganz schön aufregend ist, damit morgen in östlicher Richtung anzufangen.

    Nein, diesmal nicht mit dem Boot — ganz abgesehen davon, dass sich unsere Breitengrade im Augenblick zum Segeln wenig eignen, kann ich allen, die eine Weltumsegelung mit ewig blauem Himmel, steter Sonne und leichtem Wellenplätschern verbinden, nur einen Besuch des Films All is Lost empfehlen. Von kurzen schönen Momenten abgesehen kämpft sich der Alleinsegler — tapfer, tapfer Herr Redford, und das in Ihrem Alter — von Katastrophe zu Katastrophe (Leck durch herumtreibenden Container, Sturm, Durchkentern, Mastbruch, Schiffsuntergang usw.). Obwohl dem kritischen Seglerblick manche Ungereimtheiten auffallen, obwohl mir der Kapitän versichert hat, er würde das Leck auf jeden Fall haltbarer abdichten, und obwohl wir stets Funkgeräte, sowie GPS-Sender und -empfänger in mindestens zweifacher Ausführung an Bord haben, wäre ich als Seefrau schon nach dem ersten Ereignis in Panik ausgebrochen und hätte SOS gefunkt und hoffentlich jemanden erreicht. Natürlich kann auch alles gutgehen, aber wenn nicht, ist es eben kein Spaß. Und ein Jahr hätte auch nicht gereicht, schon gar nicht bei der Sache mit der Rettungsinsel.

    website blog 87Deshalb wird die Welt also nun im Flugzeug umrundet mit Zwischenstopps in Hongkong, Neuseeland, den Cook-Inseln und Los Angeles. Wir werden zu Fuß unterwegs sein, Bahnen und Busse benutzen, mit Fähren übersetzen. In Neuseeland werden wir mit einem Campingwagen fortbewegen, weiterhin also im mobilen Schneckenhäuschen unterwegs sein, ohne Kiel, aber mit vier Rädern.

    Neuseeland gilt als einfaches Reiseland, nur bei der Einreise wird es schwierig. Die Insel möchte die Krankheiten und Seuchen der anderen Länder gerne fernhaften, weshalb man neben den üblichen verdächtigen Dingen auch vieles andere nicht mitnehmen darf: Lebensmittel natürlich, vor allem frische, tierische und pflanzliche Produkte, vor allem unbehandelte, Mikroorganismen jeglicher Art und eben auch Erde, weshalb ich einen halben Tag Schuhe geputzt habe, was ich sonst noch nicht einmal zum Nikolaustag tue, aber so ein bisschen Beschäftigung dämpft ja auch die Aufregung. Nun ist alles blank und bereit. Ein dicker Packen Unterlagen liegt auf dem Schreibtisch, gebuchte Urlaubsversprechen schwarz auf weiß, die sich bald bunt materialisieren werden. Was nehmen wir noch mit? Man sollte eher mit leichtem Gepäck reisen, raten die einschlägigen Foren, also ein bis zwei Sets pro Wetterlage (vier Jahreszeiten kann man an einem Tag in Neuseeland erleben). Und was ist wirklich überflüssig? Espressomaschine? Milchaufschäumer? Fleecedecke?

    Nicht 80, nur 72 Tage wird unsere Weltumrundung dauern, bloß ein kleines Abenteuer mit genügend Zeit zum Schauen und Wundern.

    Alles wird sich finden.

  • Positionsmeldung

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    Willkommen

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