37° 41' 31'' S, 178° 32' 39'' E
Angefangen hat es schon eine ganze Weile vor Napier. Blankgeputzte, chromglänzende Oldtimer rollten auf dem Highway durch die Kurven. In Napier strahlen die Art Deco Fassaden um die Wette, blitzen Bleiglasfenster und -türen. Zurück in die Zwanziger mit jedem Meter — vorbei an Geschäften und Lokalen, an einem Freibad und einem Brunnen im Park am Pazifik. Jede Minute könnten Daisy und Gatsby um die Ecke kommen. Aber es ist keine Filmkulisse, sondern eine lebendige Stadt, deren Fassaden nach einem Erdbeben 1931 akribisch restauriert und seither gehegt und gepflegt wurden als Attraktion der Art Deco Hauptstadt.
Sechzig Kilometer weiter in Gisborne sind wir nur noch zwei Längengrade von der Datumsgrenze entfernt, an der die Zeit einen Tag zurückspringt, sind also dem Rest der Welt voraus.
Be the first to see the light.
Hier beginnt Eastland, der östlichste Landesteil Neuseelands, Maoriland. Achtzig Prozent des Landes gehören Maori, in der dünn besiedelten Gegend stellen sie den größten Bevölkerungsanteil. Im Landesinnern Wälder und Farmen, an den Küsten Bucht an Bucht, weite Strände, Wellen, auf denen Surfer gleiten. Steile Klippen, grandiose Blicke hinter engen Kurven, Schotterstraßen, die vor einem Gatter enden.
Keep out. Unmissverständlich auf einem Schild am Zaun.
Wir lernen eine neue Art des Freedom-Camping kennen — mit Müllentsorgungsgebühr. Ab Gisborne gibt es entlang der Küste festgelegte Plätze, für die man sich im Voraus ein Permit und den blauen Müllbeutel holen muss. So landen wir in der Waipiro Bay auf einer kleinen Wiese unterhalb von Kirche, Friedhof und Marae, an die das Meer bei Flut bis auf einen Meter heranschwappt. Mächtig rollt sie heran — einen Augenblick wird es ganz still, das Bild friert ein, und dann schäumt und brodelt es erneut, leckt an angeschwemmten Holz und Dünensand. Nachts sinken die Sterne zum Meer.