Positionsmeldung

Nora

Willkommen

Positionsmeldung erzählt von Reisen. Manche führen aufs Meer, manche nur ein paar Schritte vor die Haustür, manche ereignen sich auf Papier, auf Bühne und Leinwand oder virtuell.

Ich freue mich über Begleitung.

 

52° 30' 33'' N, 13° 22' 33'' E

 

 

website blog 188Stehvermögen und Sitzfleisch sind gefragt in den ersten zwei Februarwochen, Zeit natürlich auch, um das Programm zu studieren, sich beim Vorverkauf anzustellen, vor dem Kino erneut in der Schlange zu stehen. Sofern man also nicht beruflich mit dem Film zu tun hat, braucht es Begeisterung und Einsatz, was wiederum zu einer ganz besonderen Stimmung beiträgt — freundlich, fröhlich und erwartungsvoll begibt man sich auf die Jagd, gespannt sitzt man in großen und etwas kleineren Sälen. Und wie bei vielen Überraschungen warten hinter dem Vorhang Grandioses und Mittelmäßiges, Berührendes und Langweiliges.

1 — Sangue azul: Die Worte des Sektionsleiters hätten uns warnen sollen, er sprach von Tabubrüchen, unter der die Macher des brasilianischen Eröffnungsfilms dann vor allem Vögeln in verschiedensten Varianten verstanden, inklusive Inzest — dazwischen bedeutungsschwangere, pseudo-mythologisch aufgeladene Bilder (nicht nur ein Pfahl, sondern gleich der ganze Zaun) sowie unterirdische Dialoge. Ärgerlich.

website blog 1892 — Une jeunesse allemande: Ein junger französischer Dokumentarfilmer beschäftigt sich mit der Geschichte der RAF anhand von vorhandenem Filmmaterial aus dieser Zeit. Wir sehen Bekanntes und Unbekanntes: Ulrike Meinhof, wie in einer Fernsehdiskussion unter lauter sehr seriös aussehenden Männern die bundesrepublikanische Gesellschaft analysiert. Holger Meins, der begeistert sein Studium im ersten Jahrgang an der Filmhochschule Berlin aufnimmt. Eine rote Fahne, die als „Farbtest” wie eine Fackel durch Berlin getragen wird.

„Jubel-Perser”, die beim Schah Besuch auf Demonstranten einprügeln. Eine immer verzweifelter argumentierende Ulrike Meinhof. Und vieles, vieles mehr. Der fremde Blick macht die Zeit lebendig. Er habe verstehen wollen, sagt der Regisseur zum Schluss. Und auch wir verstehen mehr. Fesselnd.

3 — Queen of the Desert: Wüste, buntes Kolonialleben, steifes Militär. Werner Herzog bebildert das Leben der sicher faszinierenden Gertrude Bell, die großen Anteil daran hatte, die heutigen Grenzen Arabien festzustecken. Es wird viel geseufzt, gelitten, dennoch geht es mutig voran. Wie eine Heilige durchquert die Königin der Wüste unter bombastischer Folkloremusik das Land — immer schön, immer perfekt geschminkt, ohne Fehl und Tadel. Schwülstig.

4 — 45 years: Ein Haus auf dem Land in England. Ein älteres Ehepaar, das sich in zärtlicher Routine auf den 45. Hochzeitstag vorbereitet. Eine Nachricht, die beide verstört. Der Schatten einer Toten, die das Eis nach 50 Jahren freigegeben hat. „Glaubst du denn, du wärst nicht gut genug für mich gewesen”, fragt er irgendwann. „Nein”, sagt sie. „Ich weiß nur nicht, ob du gut genug für mich warst.” Und die Erkenntnis, der Schmerz, die Enttäuschung spiegeln sich im Gesicht der wunderbaren Charlotte Rampling. Nichts ist zu viel in diesem Film, kein Satz, keine Einstellung. Grandios.

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