Wir fahren der Sonne entgegen, also nach Norden, noch ein wenig in Chile herumgondeln, bevor wir uns auf den langen Rückweg nach Montevideo machen. Noch einmal zum Pazifik, mit Zwischenstation in Valdivia. Eigentlich brauchen wir immer drei Tage in einer Stadt — einen zum Ankommen, einen zum Erkunden und den dritten zum Genießen, doch dieses Mal haben wir nur den Abend am Fluss, denn ein Sonnentag mit Hochsommertemperaturen lockt uns ans Meer. Über die Küstenstraße, an kleinen Orten vorbei und eine steile fünf Kilometer lange Ripiopiste hinunter gelangen wir in eine Bucht, mit dunklem Sand, wo wir direkt am Strand auf einem der Grasflecken stehen.
Einen Tag lang ist es wirklich noch einmal Sommer, sogar der Wind ist warm und willkommen. Eine Badebucht ist Pilolcura dennoch nicht, zu stark sind Strömungen und Wellen, selbst die Surfer haben Mühe; kaum eine Sekunde stehen sie mal auf dem Brett, bevor die Welle bricht. Ansonsten gibt es nur den Flug der verschiedenen Vögel zu beobachten oder den Besitzer der kleinen Lodge, der die leeren Terrassen fegt. Die öffentlichen Toiletten umgibt ein Absperrgitter, nur ein Schild weist noch daraufhin, dass die starke Sonneneinstrahlung Gesundheitsschäden hervorrufen kann. Wie auf Chiloe laufen auch hier wieder Kühe über den Strand und fressen die frisch an Land geschwemmten rötlichen Algen. Der Mann taucht in die Fluten und ich schaue aufs Meer.
„Seid’s ihr aus Berlin”, fragt ein großer Mann, und noch bevor wir uns wundern können, dass ausgerechnet an diesem menschenleeren Strand in der Nachsaison noch ein Deutscher auftaucht, sind wir mitten im Gespräch. Das am Abend auch fortgesetzt wird mit Michael und Stefanie aus München, die vor zwei Jahren nach Chile ausgewandert sind und in der Nähe von Villarica eine kleine Lodge betreiben. Die wollen wir uns auf jeden Fall ansehen, und so steht unser nächstes Ziel auch schon fest.
Aber einen Tag wollen wir noch am Meer bleiben.Der nächste Morgen beginnt wunderschön, dann zieht Seenebel auf und verschlingt bis zum Nachmittag auch das letzte bisschen Blau und damit die Wärme. Und dieser Nebel ist zäh, bleibt auch am Tag darauf, auch in Valdivia, das wir noch ein wenig erkunden wollen, doch wir schaffen nur die Insel Teja mit dem großen Park und den Kneipen des Universitätsviertels. Bier und Ceviche im EL Growler, die gemeinsame Kneipe und Bierbrauerei eines US-Amerikaners aus Oregon und eines Chilenen.
Der Nebel hält auch noch bis Villarica, bis zur Lodge Karibuni, wo Michael schon das Hot Tub angeheizt hat. Der Auftakt zu zwei Tagen Wohlfühlprogramm in einer liebevoll errichteten und eingerichteten Cabana mit Blick auf See und Vulkan, der sich am zweiten Tag postkartenmäßig zeigt. Es gibt Frühstück und Abendessen, Reisetipps und Gespräche, Kaffee und Kuchen. Und Supermatratzen, heilsam für Schlaf und die Bandscheiben — einfach genau das Richtige nach fünfeinhalb Monaten im fahrenden Zuhause. Gegen Ende der Reise schwächelt doch das Eine oder Andere ...