Positionsmeldung

Nora

Willkommen

Positionsmeldung erzählt von Reisen. Manche führen aufs Meer, manche nur ein paar Schritte vor die Haustür, manche ereignen sich auf Papier, auf Bühne und Leinwand oder virtuell.

Ich freue mich über Begleitung.

 

37° 22' 11.215" S 71° 21' 7.492" W

  • geo: 37° 22' 11.215" S 71° 21' 7.492" W

Website brandChile brennt, überall steigt dunkler Rauch, wir fahren an schwarz und weiß gefärbten Baumgerippen vorbei, an manchen sprosst schon junges Grün. Es ist heiß und trocken in der Mitte von Chile und große Wälder fangen Feuer wie jeden Sommer. Wir sehen den Rauch und hören die Sirenen, plötzlich auch ganz nah, als uns die Feuerwehrüberholt. Nach einer langen Kurve führt die Straße auch nicht mehr weg vom Rauch, sondern darauf zu; dann sehen wir die vielen Wagen am Straßenrand, die Menschen, die zuschauen, wie das Feuer hundert Meter weiter die Bäume frisst. Dort hat die Feuerwehr ihre Leute abgesetzt und dorthin fliegen auch die Hubschrauber mit dem Wasser aus der nahen Lagune. Sechs sind es, die in kurzen Abständen prall gefüllte Wasserbeutel über den Brandrändern entleeren. Gar nicht so einfach bei dem starken Wind. Grell lodernd geht ein hoher Baum in Flammen auf, bevor ihn die Wasserdusche streift, doch das Feuer wird in Schach gehalten.

Am Abend davor haben wir an einem Weinberg übernachtet und sehr köstlich in dem Restaurant gegessen, das ein junges Paar aus Südtirol dort betreibt. Die Spezialität sind selbst gemachte Nudeln, ein ungefilterter naturbelassener Weißwein und ein Weißwein aus der roten Carmenere-Traube (die nur in Chile und wohl auf einem einzigen Weinberg in Frankreich wächst), quasi ein Rosé, herb, recht ungewöhnlich in Chile. Nun sind wir auf dem Weg zur Laguna del Laja, an dessen Ufern man laut unserer App wunderbar einsam stehen kann.

Website lajaEinsam ist es schon auf dem Weg dorthin, da unser Navi eine Abkürzung durch wilde Natur und über reichlich Schotter wählt. Kurz vor dem Nationalpark kommen wir endlich auf die geteerte Straße, auf der die Ausflügler in den Park unterwegs sind. Der Nationalpark ist ein beliebtes Ziel am Wochenende und immerhin führt durch ihn auch eine Passstraße nach Argentinien — alles Ripio, deshalb haben wir vor ein paar Tagen einen anderen Übergang gewählt. Im Park erklimmen wir auf Schotterstraßen steile Hänge, lassen Bäume weit unter uns und erreichen ein im Sommer verlassenes Wintersportörtchen. 

Die Straße wird enger, kurviger. Schwarzer Stein, erkalteter Lavafels, auf dem weiße Kreuze und ebenso weiße Gedenksteine aus Marmor leuchten. Unregelmäßig verteilt, direkt am Wegrand oder weiter weg in einer Mulde, an einem Hang. Alle tragen dasselbe Datum: 2005. Hinter der nächsten Kurve leuchtet der tiefblaue See, ragt am Rand ein Denkmal auf, das an die Tragödie von Antuco erinnert: Im Winter 2005 verirrten sich bei einem Manöver 43 junge Soldaten in einem plötzlichen Schneesturm und erfroren. Auf scharfkantigem schwarzen Fels glänzt weißer Marmor, wiegen sich bunte Plastikblumen im Wind. 

Wir fahren hinunter an den See, verbringen die Nacht unter Sternen, der Wind zerrt am Wohnmobil. So zieht es uns am nächsten Tag wieder in bewaldete Gegenden. Auf einem Hügel hat eine Familie ein Freibad errichtet mit großem Picknickbereich. Der Blick geht ins Tal. Wer möchte, kann an einem Seil hinüberschweben, eine Eigenkonstruktion des Hausherrn mit motorisierter Rückholwinde. Wir dürfen auf dem Hügel übernachten, die freundliche Gastgeberin kommt im Dunkeln noch einmal vorbei, um uns zu sagen, dass Toiletten und Duschen jetzt geputzt seien. Am Morgen winkt die ganze Familie lachend zur Abfahrt, und wir rollen hinunter in die Stadt.

37° 22' 11.215" S 71° 21' 7.492" W37° 22' 11.215" S 71° 21' 7.492" W