52° 27' 47'' N, 13° 21' 51'' E
Die Reise geht nach Sizilien und Böhmen — Böhmen am Meer, da weiß man gleich, dass man sich in einem Märchen befindet.
Ausgestattet mit Fleecedecken und Punsch sitzen wir in einem Zelt im alten Lokschuppen auf dem Schöneberger Südgelände, und Sizilien glänzt weiß und gold, eitel Freude überall. Doch ein eifersüchtiger Tyrann zerstört sein Glück, ein Freund muss fliehen, ein Junge und seine Mutter sterben, ein Neugeborenes wird ausgesetzt — Perdita, die Verlorene, heißt das Mädchen —, und ein Chor der Zeit streckt die Pause auf sechzehn Jahre.
Böhmen ist bunter, fröhlicher mit norddeutsch schnackenden Schäfern, einem rappenden Dieb, und einem verliebten Prinzen, der auf dem Schafschurfest tanzt und dann doch mit seiner Perdita fliehen muss — nach Sizilien, wo sich alles märchengerecht zum doppelten Happy-End fügt.
Ein selten gespieltes Stück ist das späte Werk von Shakespeare — zu düster am Anfang, zu plötzlich die Wendung zum Guten am Ende. Die Shakespeare Company in Berlin will kraftvolles, lebendiges Volkstheater auf die Bühne bringen, und das funktioniert ganz wunderbar in den vielen komödiantischen Szenen, im ab und an sogar vierstimmigen Gesang, in den das Publikum einstimmen darf, im Spiel der Puppen, die das Märchenhafte des Stücks noch betonen und Rollen übernehmen, denn zwei Schauspieler und zwei Schauspielerinnen spielen Könige und Dienerschaft, Schäfer, Dieb und Bootsmann — über zwanzig Figuren sind es, durch einfache Kostüme gekennzeichnet, durch ein wenig Veränderung bis hin zum fliegenden Wechsel zwischen Vater und Sohn, der sich hinter dem Rücken der anderen drei vollzieht, nur durch den Bart des Vaters, der zur Lockenpracht des Sohnes wird.
Es funktioniert auch über die Sprache, poetisch, an sich schon Musik: „ … denn ich kann nimmer mein eigen sein noch irgendwem gehören, wenn ich nicht dein bin, daran halt ich fest …”, sagt der Prinz zu Perdita. Und es funktioniert natürlich über die Begeisterung und Präsenz der Mimen.
Ein Märchen, das verzaubert, das uns glücklich entlässt, und im Schlussapplaus wird noch einmal erinnert an das, was diese Aufführung überhaupt möglich gemacht hat: eine Crowdfunding-Kampagne, die das Geld für eine kurze Winterspielzeit des Sommerensembles eingebracht hat — ein Wintermärchen, noch Do-So, den 25.1.15, unbedingt hingehen!