52° 27' 34'' N, 13° 18' 34'' E
Stille Tage, Zeit für Erinnerungen. Ich gehe spazieren im frischen Schnee und genieße die Stille, das Weiß. Es kann etwas sehr Schönes sein, wenn alles schweigt, und es kann ganz furchtbar sein, wenn alle schweigen.
„Im Labyrinth des Schweigens” ist ein Film über das zweite Schweigen, über ein schweigendes Land fünfzehn Jahre nach Kriegsende, das nichts mehr wissen will von den Verbrechen, die im vermeintlich tausendjährigen Reich verübt wurden. Schon der etwas sperrige Titel verweist darauf, wie man sich verlieren kann in den stillen Gängen, an den Mauern des Ungesagten, und wie schwierig es ist, einen Weg hinaus zu finden, Zeugnis abzulegen. Und der Film findet Bilder, die diese Atmosphäre einfangen, den Schrecken des Schweigens, das Erschrecken, wenn das Schweigen endlich gebrochen wird.
Ich bin im Land des Schweigens aufgewachsen mit diffusen Andeutungen über Erlittenes und großen Leerstellen über Taten, über die Verbrechen der Väter und Großväter, über das Schweigen der Mütter und Großmütter, einem Land, in dem Wunder nur in der Wirtschaft vorkamen. Ein Land, das vergessen wollte, was kaum in Worte zu fassen war, behaftet mit zu viel Schmerz und Scham und Schuld.
Wir waren stille Kinder, gut erzogen nannte man das damals, und das Schweigen dehnte sich aus in die bleierne Zeit. Mein Weg aus der Stille waren Texte, erst die der anderen, dann eigene. Worte sind Wege durchs Labyrinth hinaus in die Welt.
Stille Tage. Zeit für Gespräche.