Die Räder rollen, zum Glück tun sie das. Quer durch Argentinien geht es, in Richtung der Anden. Die Räder rollen über lange Brücken, über neue Straßen, über Wasser und Sand und Stein. Sie halten an in Rosario, an einer Badestelle am Rio Parana, auf dem Segelboote hart gegen den Wind aufkreuzen, der über die Brücke fegt. Tapfer essen wir Fisch im Restaurant trotz der schwirrenden Mücken, die alle anderen einfach ignorieren. Am Morgen haben wir den Strand am Naturschutzgebiet und den ungewöhnlich warmen Fluss für uns allein, und treffen nach dem Bad auf eine ehemalige Kanuten-Weltmeisterin aus Ungarn, die nun in Argentinien als Sportlehrerin arbeitet. Sie spricht uns an, weil ihre argentinischen Freunde wie überall wissen wollen, woher wir kommen und was wir vorhaben.
Argentinien ist reich an Flüssen, an weiten Uferstellen, wo gebadet, gegessen, gefeiert wird. Ein Land der Picknick-begeisterten und Camper, wahrscheinlich auch, weil diese günstige Art des Reisens und der Freizeitgestaltung für viele gerade noch erschwinglich ist (der IWF befürwortet nun endlich einen Schuldenschnitt für Argentinien) , und Landschaft und Klima dazu einladen. Am Fluss wird gefeiert … und der Müll bleibt liegen, verteilt sich im weiten Rund. Manchmal räumt mein Fahrer, Mechaniker und jeden-Morgen-Schwimmer auf und manchmal suchen wir dann doch einen offziellen Campingplatz.
Zwischen Villa Mercedes und Villa Maria finden wir einen ganz besonderen, auf dem geradezu preußischer Drill gepflegt wird. Das ist die andere Seite: Wenn Regeln, dann aber richtig. Alle zehn Meter steht ein junger Mann, damit wir den Weg zum Stellplatz nicht verfehlen. Die Wagen und Zelte stehen in Reihen, vor den Sanitäranlagen steht ein Brunnen, in dem Frösche quaken und mehrere Schilder, die Sauberkeit anpreisen. Dann gibt es noch ein großes Schwimmbecken im Freien, vor dessen Benutzung man sich auf der Gesundheitsstation melden, untersuchen lassen und schriftlich bestätigen muss, keinerlei Krankheiten zu haben. Alles sehr freundlich und nett, am Abend bringt der Chef höchstpersönlich selbst gebackenes, noch warmes Brot vorbei.
Am Fuße der Anden, auf der Ruta 40, die auf diesem Stück nicht der Schrecken für Reifen und Fahrgestell, sondern glatt und neu und fast unbefahren ist, treffen wir tatsächlich auf Argentinier mit einem Wohnmobil. Miguel winkt uns freundlich zu und lädt uns auf ein Glas Kaffee und natürlich zur Besichtigung ein. Er ist mit seiner Frau Gladys unterwegs, die beiden stammen aus Cordoba und sind auch schon mit Sohn, Schwiegertochter und drei Enkeln unterwegs gewesen, im Augenblick jedoch allein, und wir radebrechen uns durch Touren und Familienverhältnisse. Gladys findet immer den richtigen Satz zu unseren Versuchen, und so kommen wir gut voran. Nach einer Stunde haben ein Selfie mit Miguel und Gladys und eine Einladung nach Cordoba in der Tasche.
Es ist zu spät zu Weiterfahren, wir könnten uns die Sehenswürdigkeiten der Stadt anschauen, verplauschen den Abend stattdessen mit einem deutschen Paar. Im Hintergrund Musik, ein Konzert zum Sommerwochenende.