53° 39' 43'' N, 14° 30' 54'' E
Der Mast steht, die Segel leuchten weiß und die Selbststeueranlage hat dank polnischer Handwerkskunst die Verbindung wieder gefunden. Doch der Wind bläst mit fünf Beaufort aus Nordwesten uns entgegen.
Segeln oder doch nicht segeln, fragt sich der Kapitän. Noch schimmert es blau zwischen den Wolken, glitzert da und dort ein Sonnenstrahl, zieht uns erst der Motor, dann doch das Segel die Oder hinunter.
Läuft doch ganz gut, denke ich, die paar Meilen über das Haff sind so ratzfatz vorbei. Und wir bekommen auch Gesellschaft — rechts ein Einhandsegler in weit kleinerem Boot, links eine größere Crew. Zu dritt geht es hinaus aufs Haff — wollen wir hinaus, doch nun hat das Gleiten ein Ende, geht es steile Wellen hoch und runter, taucht der Bug nicht mehr sanft ein, sondern schlägt krachend aufs Wasser. Der Einhandsegler steuert den nächsten Hafen an, die andere Crew verlieren wir aus dem Augen.
Der Kapitän kämpft mit dem Ruder, die Seefrau schließt aufspringende Schapps. Als Bücher, Taschen und Werkzeug durch die Gegend schießen, kehren wir um, fliegen nur mit dem Vorsegel zum nächsten Hafen.
Vom geschützten Kai in Trzebiez, am Ausbildungszentrum des polnischen Seglerverbandes, sehen die weißen Schaumkronen recht malerisch aus. Eine Grenze teilt das Stettiner Haff: Das kleine Haff ist deutsch, das große polnisch, beide sind fischreich, im nicht sehr tiefen Wasser stehen Stellnetze und Pfahlreusen, in die man besser nicht gerät. Seit die ersten Fischer hier ihre Netze trockneten, haben die Herrscher oft gewechselt, Orte, Seen, Flüsse tragen mehrere Namen. Trzebiez hieß einmal Ziegenort — nicht nach den Ziegen, sondern nach dem Fisch Zege.
Am Abend kommt Regen, kräftiger Wind schaukelt uns in den Schlaf. Am Morgen fahren wir über das Zalew Szcecinski gen Świnoujście.