54° 10' 47'' N, 15° 33' 34'' E
Das Meer plaudert, schwipp-schwapp schlagen die Wellen, seufzen unter dem Rumpf, grummeln am Heck, zischen am Bug.
Beyond the sea …
Unter uns in fünfzehn Meter Tiefe der Ostseeboden, drei Seemeilen entfernt der helle Strand, wie mit dem Lineal gezogen hängt ein Wolkenband über den Wäldern der Küste. Gemächlich geht es nach Kolobrzeg, Zeit plätschert im Windtakt — noch vier Stunden bis zum Hafen, noch viereinhalb, noch fünf. Die Entdeckung der Gelassenheit und des belastbaren Magens in rollender See. Lesen, Dösen, nach Netzen Ausschau halten, spät im Hafen einlaufen und den letzten Platz am Kopf des Kais bekommen, wo die Angler das Abendlicht ausnutzen. Erst nach der fünften Ausbauphase wird das dritte, große Hafenbecken genügend Platz für die vielen Segler aus Polen, Deutschland, Dänemark und Schweden bieten; aktuell läuft Phase drei.
Umrahmt von zwei Hafenbecken liegt die wieder aufgebaute Ruine der slawischen Moorfestung Morast Redoute. Hinter einer Baumreihe gibt es dort Räucherfisch und Live-Musik, Tanz bis um Mittnacht, schallen polnische Texte zu Popsongs der Siebziger und Achtziger, erkennen wir auch Melodien der Toten Hosen. Laut, aber keineswegs lau ist die Nacht.
Am Morgen schreit der Wind durch den freundlichen Hafen, treibt schmutziggraue Wolken vor sich her, liegen vor, hinten und neben uns andere Schiffe, verschaffen uns Böen erneut Zeit, und das wollten wir doch: viel Zeit ohne Termindruck. Da kann der Kapitän dann schnell noch ein paar Kabel anschließen und die Backskisten aufräumen, kann die Seefrau die losen Gegenstände seefest verstauen und die hoffentlich letzten Schleifstaub entfernen. Und dann können wir in die Stadt radeln oder einfach nur dasitzen und Zeit haben, Gelassenheit üben beim Abfragen des Wetterberichts und dem ständigen Abstürzen der Internetverbindung. Raus aus dem Alltag wollten wir — raus sind wir, und wie.