53° 23' 59'' N, 14° 37' 1'' E
Das Licht über der Oder, Gold im Grün, Feenlichter im Fluss, rosarote Streifen am blassblauen Morgenhimmel. Ein Habicht kreist, ein Kranich steht still im Schilf. Sommersonnenwärme auf der Haut.
In Oderburg haben wir im Herbst schon einmal Rast gemacht. Noch immer reicht die Wassertiefe am Außenplatz gerade noch für uns, kündigen Sirenentöne die Arbeit des Krans auf dem Fabrikgelände an. Hafenidyll hat immer etwas von work in progress, hat dreckige Finger und steckt in Arbeitsklamotten. Doch hier fällt die Abendsonne auch auf leckeren Zander, köstlichen Weißwein und Ost-West-Gespräche. In der schönen, aber keineswegs so blühenden Landschaft Brandenburgs sind wir auf eine Oase gestoßen, die einer ehemaligen Kaserne der DDR-Grenztruppen entspringt. Lang ist das her.
Im ersten Sommer nach Maueröffnung hat der Kapitän seine erste Jolle gesegelt, im Sommer darauf ist die Seefrau an Bord gestiegen, hat am Tag mit den Segeln und am Abend mit den Mücken am Drewensee gekämpft. Das mit den Mücken hat sich nicht geändert. Im Schatten der Dämmerung greifen sie an. Am Tag wäre ein wenig Schatten schon nicht schlecht. In Polen auf einsamer Fahrt durchs Naturschutzgebiet streift uns kühl und willkommen die Ahnung einer Meeresbrise, nur das Tuckern des Motors durchbricht die Stille, Kapitän und Seefrau schweigen beglückt.
Segelreisen sind eine wunderbare Gelegenheit im Hier und Jetzt anzukommen, den glücklichen Augenblick zu genießen, dem unweigerlich ein weniger glücklicher folgt, der aber auch vorbeigeht. Demut gegenüber Wetter- und anderen Schicksalsgöttern lernt sich nirgends so schnell wie auf einem Boot. Diesmal ist der Wackelkandidat die Selbststeuerungsanlage, die immer wieder die Verbindung verliert. Wir laufen in Stettin den nächsten Hafen mit Elektronikbetrieb an, schauen in den Himmel, der sich zuzieht, und warten auf denjenigen, der die Verbindung wieder herstellen kann.