Positionsmeldung

Nora

Willkommen

Positionsmeldung erzählt von Reisen. Manche führen aufs Meer, manche nur ein paar Schritte vor die Haustür, manche ereignen sich auf Papier, auf Bühne und Leinwand oder virtuell.

Ich freue mich über Begleitung.

 

39° 33' 24.548" S 71° 26' 9.067" W

  • geo: 39° 33' 24.548" S 71° 26' 9.067" W

Website neltume Das Seengebiet in der Mitte Chiles und Argentiniens lässt uns nicht los, zu schön, wenn auch kalt, ist das morgendliche Bad, zu gewaltig das Panorama der Vulkanlandschaft um das tiefblaue Wasser. Und zum Lago Tromen im Nationalpark Lanin wollten wir auf jeden Fall noch einmal auch. Also planen wir eine Runde: Vom Villarica über den Calafquen, über den Pirehueico, an zwei weiteren Seen entlang nach San Martin de los Andes und dann wieder nach Norden zum Lago Tromen und von da zurück nach Chile am Villarica vorbei Richtung Santiago. 

Es ist das letzte Ferienwochenende mit wunderbarem Wetter, das jung und alt genießen will, jung gerne bis zum frühen Morgen. Für die zweite Nacht finden wir einen Familien-Campingplatz der Mapuche am schönen Lago Neltume, am Abend verkaufen Frauen dort heiße Empanadas. Die Mapuche sind der einzige indigene Stamm, der nicht besiegt wurde, das meiste Land haben sie dennoch verloren, einiges wieder erhalten oder erworben, um mehr kämpfen sie. In der Mitte des Landes gibt es eine ganze Reihe von Campingplätzen, Restaurants und jede Menge Läden der Mapuche, die Kunstgewerbe verkaufen, aus Wolle, Holz und Ton. In jeder Stadt gibt es Märkte, Ferias mit vielen Ständen, an einem entdecke ich auch echte Schafwolle (in den Läden bekommt man sie kaum). Der Strang wird abgewogen und aufs Gramm genau verkauft.

Für uns geht es weiter mit der Fähre über den Lago Pirehueico. Von Chile aus die einzige Möglichkeit über den Pass Hua Hum zu gelangen. Die meisten machen diese Fahrt allerdings nur als eineinhalbstündigen Ausflug zum anderen Ende des Sees, wandern dort oder picknicken am Strand und fahren mit der nächsten Fähre zurück über den langgestreckten See umgeben von dichtbewaldeten Hängen, die wahrscheinlich noch nie ein Mensch betreten hat. Wir fahren weiter über die staubige Schotterstraße (sehr schlecht) zur Grenze, die wir inzwischen recht professionell bewältigen, sogar auf Spanisch, und sind ein paar Kilometer weiter in Argentinien, noch immer auf Schotter (noch immer ziemlich schlecht). Aber wunderbare Seen gibt es, klar und kalt. Den Campingplatz zwischen zwei Seen leiten zwei junge Männer und wir bleiben zwei Tage dort fast allein. 

Völlig anders ist es in San Martin. Es ist immer noch der Lago Lacar, doch allein sind wir nicht. Auf dem großen Parkplatz stehen viele Camper aus aller Herren Länder. Am Strand geht es rege zu und in der Stadt noch reger trotz Ferienende. „This is nothing”, sagt die junge Amerikanerin Gwen, die an der Promenade einen Wagen mit köstlichem Kuchen betreibt. Noch vor einer Woche sei es sehr viel voller gewesen. Besser für das Geschäft, natürlich, aber ein wenig Pause tue auch gut. So haben wir Zeit zum Reden, über die wirtschaftliche Lage in Argentinien, über die Politik in den USA (beides schlimm, mit wenig Hoffnung auf Veränderung). Wie alle hier macht sie trotzdem oder auch gerade deswegen weiter, wie alle anderen großen und kleinen Geschäfte in der Stadt, im Kuństgewerbeladen gibt es Blue Euros, bei Mamusita wird fantastische Schokolade und ebensolches Eis verkauft und auf der Plaza gibt es ein Ein-Mann-Konzert.

Website tromenRipio oder Nicht-Ripio, fragen wir uns am nächsten Tag, entscheiden uns für die gemütlichere Lösung, verfallen aber auf die Idee, doch noch einmal am Fluss zu übernachten, leider ist der Weg hinunter recht eng, und obwohl der findige Fahrer mit Küchenmesser und Bohrmaschine einen widerspenstigen Ast aus dem Weg räumt, vertreiben uns schließlich Mücken vom nicht ganz so idyllischen Ort. Der Lago Tromen ist ja auch nicht mehr weit.

Hier stehen wir auf dem Picknickplatz am See, genau wie im letzten Jahr, nur dass der See ein wenig wärmer ist, und dass außer uns noch ein paar Argentinier auch über Nacht bleiben. Schon vor Ort ist ein Paar aus Misiones, die einen Fahrradladen haben und mit ihrem umgebauten Transporter in Patagonien waren. Sie sind auf der Rückreise und haben den ganzen Tag das Auto vom Staub befreit. Gerade angekommen ist ein Pärchen aus Bariloche, das Töpferwaren auf den verschiedenen Ferias verkauft. Witzige Teile, wie sie mir auf dem Handy zeigen, doch sie haben kein Stück dabei, sind auf dem Weg zu einem Workshop, in einem kleinen Auto mit einem Zelt und zwei Hunden — nicht ganz einfach in den Nationalparks, denn in den meisten sind Hunde nicht erlaubt wegen der Wildtiere.

Der Töpfer hat ein Lagerfeuer entfacht und backt Pfannenbrot, mein findiger Fahrer bringt Wein und Bier, und so gegen halb zwölf, für mich also mitten in der Nacht, holen die Fahrradleute eine Pfanne und brutzeln in einer improvisierten Friteuse knusprige Pommes. Spanisch, Englisch und Deutsch reden wir, denn die Frau aus Misiones stammt aus einem Dorf in Paraquay, in dem auch heute noch nur Deutsch gesprochen wird, so verstehen wir uns, so teilen wir, so feiern wir in der Nacht am See. „Gracias para compartir”, sagt die junge Töpferin am nächsten Morgen zum Abschied.

 
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