52° 27' 15" N, 13° 18' 20" E
Frühling gefunden
Der Himmel war so blau, wie er sein sollte, und die Sonne schien so hell, dass überall auf blassen Gesichtern Sonnenbrillen blitzten. Aber noch gab sich der Winter nicht geschlagen, zerrte kühl an ungeschützten Ohren und Stirnen.
Frühlings blaues Band flatterte wild durch die Lüfte und vor dem Botanischen Garten stauten sich die Besucher.
Im notorisch klammen Berlin ist Kreativität zur Erhaltung von Grünflächen und Gewächshäusern gefragt, allein mit den tröpfelnden staatlichen Zuschüssen würde der märkischen Sand zur Wüste, könnte man unter vor mehr als hundert Jahren errichteten Kuppeln aus Stahl und Glas höchstens noch heimisches Gemüse ziehen. Als Publikumsmagneten dienen Botanische Nächte, Sommerkonzerte, Themenwochen und ein Staudenmarkt, auf dem im Herbst und im Frühling neben Stauden — üblich, weniger üblich und vollkommen unbekannt —, alles angeboten wird, was das Herz der auf Nachhaltigkeit bedachten großstädtischen Gärtner und Gärtnerinnen erfreut — von fair gehandeltem Olivenöl bis zu ökologisch korrekter Schädlingsbekämpfung.
In diesem Jahr blühten in den ersten Beeten zaghaft Winterlinge, und an den Ständen keimte, versteckt in dunkler Erde oder an beinahe kahlen Stängeln, nur ein Versprechen, das in Tüten und Taschen, auf Wägelchen und Sackkarren nach Hause transportiert wurde. Kein Blättchen passte mehr zwischen ältere Paare, Grüppchen verschiedenster Nationen und junge Familien, deren Kinder auch einmal am Seil gesichert in die Bäume klettern wollten. Kein Sonnenstrahl blieb ungenutzt, kein Pflänzchen entging den aufmerksamen Augen.
Mein grüner Daumen ist nicht besonders ausgeprägt, den meisten Erfolg habe ich noch mit Blumenzwiebeln, die ich im Herbst im Beet verstreue. Unbeirrt von meiner Pflege und Winterhärten sprießen sie im Frühjahr rot, gelb und violett.