Positionsmeldung

Nora

Willkommen

Positionsmeldung erzählt von Reisen. Manche führen aufs Meer, manche nur ein paar Schritte vor die Haustür, manche ereignen sich auf Papier, auf Bühne und Leinwand oder virtuell.

Ich freue mich über Begleitung.

 
  • Sing mit in Wien

    48° 12' 2'' N, 16° 22' 39''

     

    website blog 224

    Wien ist eine höfliche Stadt. „Seien Sie achtsam. Ein anderer könnte Ihren Platz dringender brauchen als Sie”, tönt es alle fünf Minuten aus den Lautsprechern in der Straßenbahn. Und tatsächlich stehen auch Menschen auf und bieten ihre Plätze an — häufig erkennbar Ausländer, häufig junge Leute. Die älteren Pärchen bleiben eher sitzen und regen sich über Ausländer auf. Leise, aber vernehmbar. Doch sie sind in der Minderheit in der Straßenbahn und in der Stadt der vielen Völker, der Jungen und Alten, der Touristen und Sänger in Gärten, Plätzen, Konzertsälen und Kirchen.

    website blog 225Zu Himmelfahrt sind internationale Amateurchöre zu Gast beim 30. Franz-Schubert-Chorwettbewerb und dazu über tausend Sängerinnen und Sänger aus aller Welt für das Mitsingkonzert des Berliner Rundfunkchors. Nach dem Erfolg dieser Konzerte in Berlin trifft man sich nun alle zwei Jahre auch in einer anderen europäischen Stadt. Die Karten sind schnell ausverkauft.

    Ich singe nicht, höchstens zu Weihnachten oder beim Tanzen, da schmettere ich dann schon mal „It's raining men”, in Wien bin ich nur als Sängeranhang. Der Gatte probt, ich erkunde Wien. Schönbrunn im Sonnenschein. Ein Genussmarkt im Stadtpark. Ein Biergarten. Ein Café und noch ein Café. Kellner in schwarzen Anzügen, bei deren Anblick ich sofort das Gefühl bekomme, irgendetwas falsch gemacht zu haben. Doch eine Melange und eine Waldviertler Mohntorte bekomme ich trotzdem. Mit Schlag.

  • Nach-Osterspaziergang 1

    52° 27' 42" N,  13° 18' 36" E 

     

    Auf der Suche nach dem verlorenen Frühling

    Website blog 1Ja ja, ich weiß, es sind genug Worte über den schrecklichen Winter verloren worden. Doch er kann es einfach nicht lassen, stößt mich auf grauen Himmel, kahle Bäume und Triefnasenkälte, sobald ich einen Fuß vor die Tür setze. Tapfer stemmen sich die Glöckchen im Beet gegen Schnee und mumifizierte Herbstblätter — nur die Vögel singen.

    Wenn ich ein Vögelein wäre, flög ich in den Frühling.

    So dachten wohl auch meine Eltern und buchten zu Ostern 1971 im Zuge der ersten erschwinglichen Pauschalreisen und befeuert vom sanften Aufflackern eines familiären Wirtschaftswunders vierzehn Tage Teneriffa. Eine Reise auf einen anderen Kontinent, in eine andere Jahreszeit, wo wir bislang höchstens bis Bayern gekommen waren. Ich schlief kaum vor dem frühen Abflug. 

    Am stärksten sind mir die Farben in Erinnerung, tiefes Blau am Himmel, knallrote Blüten, Grün in allen Schattierungen, durch Zauberhand war der ewige Grauschleier Berlins verschwunden. Mein kleiner Bruder sprang in den Wellen, ich lag lieber im Schatten, las und entdeckte die wunderbare Welt der englischen Sprache, denn meinem dreizehnjährigen Lesehunger waren die mitgenommenen Bücher schon bald zum Opfer gefallen und als Alternative boten sich nur englische Taschenbuchausgaben. Love Story holte ich mir, den Film hatte ich schon gesehen. Ich las und heulte hinter meiner großen Sonnenbrille und in meinem Herzen keimte die große Liebe zum Englischen auf. Ich wollte mehr davon, mehr von den großen Gefühlen, der fremden Welt, selbst wenn ich von den nächsten, dickeren Büchern zunächst nur jedes dritte Wort verstand, und zu Hause im Wörterbuch nachschlagen musste. Was meine Begeisterung nicht minderte, sondern detektivischen Spürsinn entfachte.

     

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